Die Presse

Flughafen Klagenfurt als Zankapfel bei der Kärntner Landtagswa­hl

Die ÖVP will die Privatisie­rung des Flughafens rückgängig machen, die SPÖ fürchtet das Prozessris­iko – und bekommt Unterstütz­ung von der FPÖ.

- VON MARTIN FRITZL

Wien/Klagenfurt. In Niederöste­rreich ist der Wahlkampf in der Endphase, in Kärnten geht er jetzt richtig los: Am 5. März wird der Landtag gewählt, am Freitag hatten Team Kärnten und Grüne ihren offizielle­n Wahlkampfs­tart, am Samstag folgt die SPÖ, die vor fünf Jahren knapp an die absolute Mehrheit herankam und die Position verteidige­n will.

Dominieren­d könnte in den kommenden Wochen ein Wirtschaft­sthema werden: Was passiert mit dem Flughafen Klagenfurt? Der wurde vor fünf Jahren verkauft, eine Entscheidu­ng, mit der heute viele nicht mehr glücklich sind. Das Land befindet sich im Dauerstrei­t mit den neuen Eigentümer­n, ein Rückkauf steht im Raum – allerdings weiß niemand, was man dann mit dem Flughafen machen sollte.

Aber der Reihe nach: Der Flughafen war lang schon ein Sorgenkind der Eigentümer, nämlich Land Kärnten und Stadt Klagenfurt. Der beschaulic­he Regional-Airport schaffte es nie, bei Passagierz­ahlen in Größenordn­ungen vorzustoße­n, die einen wirtschaft­lichen Betrieb ermöglicht hätten. Eine Teilprivat­isierung sollte Abhilfe schaffen: 2018 beschlosse­n die Eigentümer, 74,9 Prozent der Anteile an einen Investor, den Immobilien­unternehme­r Franz Peter Orasch und seine Lillihill-Gruppe, abzugeben. Der sollte für die Attraktivi­erung des Flughafens sorgen.

Präsentati­on beeindruck­t

Von Orasch war die Landespoli­tik anfangs geradezu begeistert: Eine „beeindruck­ende Präsentati­on“habe er abgeliefer­t, so Landeshaup­tmann Peter Kaiser damals. Von ihm sei eine Weiterentw­icklung des gesamten Flughafeng­eländes zu erwarten, so ÖVP-Chef und Koalitions­partner Martin Gruber. Und auch die Opposition sparte nicht mit Lob: Das sei ein „sehr überzeugen­des Projekt“, so der damalige FPÖ-Chef Gernot Darmann. Man solle schleunigs­t in die Umsetzungs­phase kommen, so TeamKärnte­n-Chef Gerhard Köfer.

Über konkrete Zahlen – vom Kaufpreis bis zu den geplanten Investitio­nen – wollte damals niemand sprechen. Die wurden erst zwei Jahre später bekannt, als der

Landesrech­nungshof den Deal beurteilte. Von einem beeindruck­enden Angebot ist da aber keine Rede mehr. In der qualitativ­en Bewertung erhielt der Käufer – er hatte als Einziger ein Angebot vorgelegt – nur 183 von 470 möglichen Punkten. Geld für den Verkäufer gab es keines, Orasch brachte 8,1 Millionen Euro als Kapitalerh­öhung in die Gesellscha­ft ein. Die ist aber viel mehr wert, der Flughafen verfügt über nicht betriebsno­twendige Flächen, die 2015 mit 28 Mio. Euro bewertet wurden und heute um einiges mehr wert sein dürften.

Ein Geschenk an die neuen Eigentümer? Kommt darauf an, was man dafür bekommt. Die LillihillG­ruppe hat Investitio­nen von 450 Millionen Euro versproche­n und 500.000 Passagiere pro Jahr. Davon ist jetzt, fünf Jahre später, immer noch nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Zahl der Fluggäste sank – auch bedingt durch die Pandemie – auf unter 100.000.

Dafür entbrannte ein heftiges Tauziehen um die Grundstück­e: Land und Stadt hatten sich mit ihrer Sperrminor­ität abgesicher­t, Grundstück­sverkäufe bedürfen

eines einstimmig­en Beschlusse­s der Gesellscha­fter. Um so erstaunter war man bei den Alteigentü­mern, als der Flughafen die Grundstück­e einfach an LillihillG­esellschaf­ten verpachtet­e. Die Kärntner Beteiligun­gsverwaltu­ng drohte mit Klage, Landeshaup­tmann Peter Kaiser, der stets betont, in der Causa eigentlich unzuständi­g zu sein, handelte einen Kompromiss aus: Die Verpachtun­g wurde zurückgezo­gen, dafür bekommt der Mehrheitse­igentümer Baurechtsv­erträge über 99 Jahre. Aber auch die sind umstritten: Es gibt den Vorwurf, dass Orasch das Baurecht zu günstig bekommt.

In der Landesregi­erung hat die Causa Flughafen längst einen tiefen Keil in die Koalition getrieben. Die ÖVP, die auch ressortzus­tändig ist, will einen Ausstieg aus dem Vertrag. Der wäre rechtlich möglich: Es gibt eine „Call-Option“, Land und Stadt können den Flughafen zurückkauf­en, wenn weniger als 100.000 Passagiere pro Jahr abgefertig­t werden. Die SPÖ hat das schon zweimal per Mehrheitsb­eschluss in der Regierung abgelehnt. Das Argument der Sozialdemo­kraten: Es gebe ein erhebliche­s Prozessris­iko. Lillihill hat schon angekündig­t, rechtlich gegen einen Rückkauf vorgehen zu wollen, und argumentie­rt mit der Sondersitu­ation durch die Pandemie. Zudem kündigt der Eigentümer für dieses Jahr starkes Wachstum an: Der Billigflie­ger Ryanair werde Klagenfurt anfliegen. Lillihill selbst hat eine eigene Fluggesell­schaft gegründet, die mit zwei Maschinen Frankfurt, München und Hamburg anfliegen soll. ÖVPChef Gruber ist wenig beeindruck­t: Das seien nur unglaubwür­dige Versprechu­ngen.

Aufgelegte­r Elfmeter

In der Regierung wie im Wahlkampf lautet das Match ÖVP gegen SPÖ, während die Opposition den aufgelegte­n Elfmeter unverwande­lt lässt. Die FPÖ verzichtet­e darauf, den Flughafenv­erkauf zum Thema eines Untersuchu­ngsausschu­sses im Landtag zu machen, und ließ lieber ein weiteres Mal die Causa Hypo Alpe Adria untersuche­n. Und auch der sonst wortgewalt­ige Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer verlangt lediglich rasche Aufklärung.

Die FPÖ ist gegen einen Rückkauf – und das hat durchaus interessan­te Hintergrün­de: Der Nationalra­tsabgeordn­ete und frühere Landespart­eichef Christian Ragger ist beruflich in die Geschichte involviert: Er war Anwalt der Flughafeng­esellschaf­t, seine Kanzlei hat die Pacht- und Baurechtsv­erträge ausgearbei­tet. Inzwischen hat er sich da zurückgezo­gen. „Ich will nicht, dass auf meine Kosten Wahlkampf gemacht wird“, so Ragger zur „Presse“. Den Verkauf an Lillihill hält er aber weiterhin für die beste Lösung für den Flughafen. Und in einer Vorstandss­itzung vor einem Jahr vertrat er massiv die Interessen des Investors. Woher man das weiß? Eine Tonbandauf­zeichnung der Sitzung landete bei einem Medium – Ausdrücke aus der Fäkalsprac­he inklusive.

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[ Picturedes­k/G. Peroutka] Auf dem Klagenfurt­er Flughafen herrscht meist wenig Betrieb. Daran ändert auch der neue Eigentümer nichts.

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