Endlich mehr Wasser für die Lobau
Eine neue Wasserleitung von der Neuen Donau in die Panozzalacke soll verhindern, dass die Lobau weiter austrocknet und verlandet. Wie schnell sie sich erholt, wird sich aber erst zeigen.
Wenn nicht gerade Tunnelpläne unter ihr diskutiert werden, hört man von der Lobau vor allem dann, wenn ihr das Wasser fehlt. Seit Jahren warnen Wissenschafter vor dem Austrocknen und Verlanden der geschützten Auenlandschaft. Maßnahmen lagen jedoch lang auf dem Trockenen.
Das soll sich nun ändern. Mit einem symbolischen Spatenstich wurde am Freitag der Bau einer großen Wasserleitung gestartet. Durch ein riesiges Rohr – mit 1,80 Metern Durchmesser groß genug, dass die zuständige Stadträtin Ulli Sima darin mit DonaustadtBezirksvorsteher Ernst Nevrivy (beide SPÖ) für ein Foto Platz hatte – soll künftig Wasser von der Neuen Donau in die Panozzalacke fließen. Von dort wird das Wasser in die bestehenden Gewässer und das Gerinne rund um die Obere Lobau laufen, „damit sich Flora und Fauna erholen können“, so Sima.
Hochwasser vermisst
Diese sind stark in Mitleidenschaft gezogen, vermisst die Auenlandschaft doch genau das, was sie einst so einzigartig machte: die Dynamik der wiederkehrenden Hochwasser der Donau, die die Au durchspülten und die besonderen Bedingungen für den Wasserwald schufen.
Dämme, Donauregulierung und die Absicherung der Öl-Altlasten verhindern heute die natürliche Durchflutung, niedrige Grundwasserstände und häufiger werdende Trockenperioden verschärfen das Problem zusätzlich. Pro Jahr verliert die Lobau mehr als drei Prozent ihrer Wasserfläche.
Nun soll die Rohrleitung Abhilfe schaffen. Bereits seit 2001 wird die Lobau über das Mühlwasser mit Wasser von der Alten und der Neuen Donau versorgt. 300 Liter pro Sekunde, durch Entfernung von abgelagertem Sediment und Totholz wurde die Menge vor zwei Jahren auf 500 Liter erhöht. Das war noch immer zu wenig: Die neue Zufuhr – oder „Dotation“, wie man bei der MA 45 der Wiener Gewässer sagt – wird bis zu 1500 Liter in der Sekunde führen.
Die 85 Meter lange neue Leitung kommt ohne Pumpe aus, da sie von der Neuen Donau, wo sie eineinhalb Meter unter dem Wasserspiegel eingegraben wird, leicht abgesenkt in die Panozzalacke hinunterführt. Zusätzlich werden an manchen Stellen sogenannte Verlandungen abgetragen, damit das Wasser weiterfließen kann.
Geöffnet wird die Leitung künftig nur von März bis Ende Oktober, um die einst natürlichen Schwankungen zu simulieren, erklärt Thomas Kozuh-Schneeberger von der MA45. Im Juni soll das
Projekt, für das die Stadt Wien sieben Millionen Euro in die Hand nimmt, in einen ersten Probebetrieb gehen, bis November dürften die Arbeiten abgeschlossen sein.
Gewissermaßen ist es ein Experiment, das auch zukünftig einer Beobachtung bedarf: „Wir haben keine Formel, was genau passiert“, sagt Kozuh-Schneeberger, inwiefern und wie schnell Flora und Fauna reagieren würden. „Man muss genau die richtige Menge an Wasser erwischen, nicht zu viel und nicht zu wenig.“Mit Wehren rund um die Obere Lobau könne man jedoch die Wassermengen und deren Fließgeschwindigkeit gut regulieren.
Bei der MA 45 ist man jedenfalls zuversichtlich, dass die Leitung die richtige Maßnahme ist. Schließlich seien ihr jahrelange
Verfahren und Studien vorausgegangen – Verhandlungen zwischen der Stadt und Wissenschaftlern gab es schon in den 2000ern.
Verzögert wurde die Wasserzufuhr in der Lobau auch durch die Sorge, dass dadurch das Trinkwasserdepot für Wien gefährdet würde. Das Grundwasser der Au bildet die eiserne Wasserreserve für die Zweimillionenstadt, sollte das Hochquellwasser aus den Alpen einmal nicht reichen (bei großer Hitze) oder fließen (was bisher nur bei Reparaturen der Fall war).
Untere Lobau ohne Zufuhr
Doch auch diese Bedenken konnten mit Gutachten ausgeräumt werden, sagte Sima. Zumindest in der Oberen Lobau. „Für die Untere Lobau haben wir keine Genehmigung bekommen.“Dort, östlich des Donau-Oder-Kanals, befinden sich das Grundwasserwerk Lobau und der überwiegende Teil der Trinkwasserbrunnen. Die Wasserexperten der Stadt gehen aber davon aus, dass auch die Untere Lobau von der Wasserzufuhr in der Oberen Lobau profitieren wird.
Der Neuen Donau werde das Wasser nicht fehlen, versichert Kozuh-Schneeberger. „Wir haben hier einen Grundwasserüberschuss von fünf Kubikmetern.“Umgerechnet sind das 5000 Liter, weit weniger als das, was künftig in die Lobau geleitet wird.