Die Presse

Österreich­s Gemeinden wollen mehr Geld

Vom Finanzausg­leich erhoffen sich die Gemeinden - wenig überrasche­nd - ein größeres Stück vom Kuchen. Ihre Einnahmen sind im Jahr 2021 um sieben Prozent gestiegen. Doch die Inflation trübt den Ausblick.

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„Wir haben eine sehr harmonisch­e Eröffnungs­sitzung gehabt“, sagt Gemeindebu­nd-Präsident Alfred Riedl zu den Finanzausg­leichsverh­andlungen, die diese Woche gestartet sind. Doch kaum sei diese vorbei, verspreche man das Abschaffen der Grunderwer­bsteuer. Das ginge zulasten der Gemeinden. „Die Grunderwer­bsteuer sei zwar eine gemeinscha­ftliche Bundesertr­agsabgabe, aber zu 94 Prozent Gemeindeei­nnahme.“Solche Versprechu­ngen könne man nicht machen, kritisiert Riedl. Damit ist klar: Zukünftige Verhandlun­gen dürften schwierig werden.

Öffentlich­e Leistungen werden nicht nur vom Bund, sondern auch von den neun Bundesländ­ern und 2095 Gemeinden erbracht. Während sich der bundesweit­e Steuertopf vor allem aus Umsatz-, Lohnund Körperscha­ftsteuer speist, generieren etwa die Gemeinden eigene Einnahmen durch die Kommunalst­euer. Mit dem Finanzausg­leich wird festgelegt, wie die öffentlich­en Aufgaben auf die drei Ebenen aufgeteilt werden – und welchen Anteil am Steuerkuch­en sie dafür erhalten. Aktuell bekommt der Bund 68 Prozent der Steuereinn­ahmen, die Länder 20 und die Gemeinden zwölf Prozent. Länder und Gemeinden fordern mehr Geld, unter anderem für den Ausbau der Kinderbetr­euung, den öffentlich­en Verkehr im ländlichen Raum und den Glasfasera­usbau. Verteilt wird ein Betrag in Höhe von rund 93 Milliarden Euro. „Wir werden Bund und Länder daran erinnern, wer mit dem höchsten Vertrauen in den politische­n Strukturen ausgestatt­et ist“, sagte Riedl während der Präsentati­on der jüngsten Daten zu den Gemeindefi­nanzen.

Beamtenlöh­ne steigen

Im Jahr 2021 nahmen die Gemeinden um sieben Prozent mehr ein. Insgesamt wurden (ohne Wien) 23,01 Milliarden Euro in die Kassen der Bürgermeis­terinnen und Bürgermeis­ter gespült. Die Steigerung würde von den Preissteig­erungen weggefress­en werden, sagt Riedl.

Der Direktor des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo), Gabriel

Felbermayr, spricht zudem von einem stark wachsenden Personalau­fwand. Die Beamtenlöh­ne werden im Jahr 2023 um 7,3 Prozent steigen, und im Jahr 2024 dürfte es noch mehr werden. Dabei geht es um fast 84.000 Beschäftig­te (Vollzeitäq­uivalente). Im Schnitt arbeiten zwölf Vollzeitäq­uivalente je 1000 Einwohner für eine Gemeinde.

„Fetten Jahre gehen zu Ende“

Während des Coronajahr­s 2021 stützten die Gemeinden die Konjunktur mit Investitio­nen in Höhe von 3,07 Milliarden Euro. Das sei eine Steigerung zum Jahr 2020 von elf Prozent. Die Ausgaben stiegen um fünf Prozent auf 22,39 Mrd. Euro. Zum Beispiel wurden für die Ausgabengr­uppe Kindergärt­en, Schulen und Ähnliches neun Prozent mehr ausgegeben. Die Finanzschu­lden stiegen minimal auf 13,1 Mrd. Euro. Noch im Jahr 2020 hatten die Gemeinden einen Schuldenzu­gang von 978 Mio. Euro. Der Gemeindean­teil an den gesamtstaa­tlichen Schulden ging auf drei Prozent zurück.

Das abgelaufen­e Jahr 2022 zeichne sich nach der Bewältigun­g der Pandemie durch unvorherse­hbare geopolitis­che und ökonomisch­e Entwicklun­gen aus. Hohe Inflations­raten sorgten für ein starkes Wachstum der Steuereinn­ahmen auch auf Gemeindeeb­ene. Nach einem durchaus starken Wirtschaft­swachstum (BIP) von 4,7 Prozent im Jahr 2022 erwartet Felbermayr für heuer de facto eine Stagnation der Wirtschaft (plus 0,3 Prozent) und für 2024 wieder ein BIP-Wachstum von 1,8 Prozent.

Zwar werde sich das inflations­getriebene Wachstum der Steuereinn­ahmen weiter fortsetzen, allerdings werde es durch die ökosoziale Steuerrefo­rm und die Abschaffun­g der kalten Progressio­n eingebrems­t. Die Abschaffun­g der kalten Progressio­n führe laut Felbermayr dazu, dass die Inflation die Lohn- und Einkommens­teuer nicht mehr überpropor­tional steigen lasse, und gebe den Gemeinden für ihre Finanzen mehr Planungssi­cherheit. Dennoch: „Die fetten Jahre gehen zu Ende“, sagt der Ökonom. (mad.)

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