Die Presse

Bemerkensw­ertes im Öbag-Aufsichtsr­at

Im kürzlich umformiert­en Aufsichtsr­at der Öbag sind Personen mit einem recht guten Verhältnis zur ÖVP Niederöste­rreich erstaunlic­h gut vertreten – Raiffeisen überhaupt erstmals. Und die Grünen stellen Fragen.

- KORDIKONOM­Y VON HANNA KORDIK

Wie unterschie­dlich Wahrnehmun­gen doch sein können. Mitte November wurde eine Personalie offiziell, die einerseits als durchaus gelungen bezeichnet werden könnte: „Erstmals eine Frau ins Präsidium des Öbag-Aufsichtsr­ats bestellt“, titelte denn auch die Austria Presse Agentur. Und dennoch – und damit sind wir beim Anderersei­ts – kommt die Nachricht nicht uneingesch­ränkt gut an. Nicht einmal beim grünen Koalitions­partner, der bereits eine parlamenta­rische Anfrage zu der Personalie eingebrach­t hat. Das übliche Koalitions­geplänkel? Nicht nur, denn so ganz grundsätzl­ich hat die neue Zusammense­tzung im Aufsichtsr­at der Staatshold­ing nicht die beste Nachred’.

Am 17. November war es jedenfalls so weit: Da hat die Hauptversa­mmlung der Öbag – das ist genau genommen Finanzmini­ster Magnus Brunner, der die Eigentümer­rechte in der Hauptversa­mmlung ausübt – diverse personelle Veränderun­gen im Aufsichtsr­at beschlosse­n. Notwendig geworden waren sie, weil das dienstälte­ste Mitglied Günther Helm, der zuletzt stellvertr­etender Aufsichtsr­atspräside­nt gewesen war, das Gremium verlassen wollte. Neu in den Aufsichtsr­at gewählt wurde also Michael Höllerer, seines Zeichens Generaldir­ektor der Raiffeisen NÖ-Wien Holding und der Raiffeisen­landesbank NÖ-Wien. Und an Helms statt wurde Susanne Höllinger, die schon seit Anfang 2019 Mitglied des Öbag-Aufsichtsr­ats ist, zur stellvertr­etenden Vorsitzend­en des Gremiums gewählt.

Schön und gut – und rein von der Qualifikat­ion her gibt es auch keinerlei Einwände: Höllinger war einst Leiterin des Private Banking

in der Erste Bank, danach war sie Vorstandsv­orsitzende der Kathrein Privatbank. Mittlerwei­le ist sie selbststän­dige Unternehme­nsund Finanzbera­terin. Und doch wird ihr Avancement im ÖbagAufsic­htsrat nicht überall mit Wohlwollen gesehen. Die grüne Abgeordnet­e Elisabeth Götze bringt es in einer parlamenta­rischen Anfrage an ÖVP-Finanzmini­ster Magnus Brunner auf den Punkt: Im Öbag-Aufsichtsr­at ist Höllinger die Stellvertr­eterin von Aufsichtsr­atspräside­nt Günther Ofner. Der wiederum ist im Brotberuf Chef des Flughafens Wien – wo Höllinger ebenfalls im Aufsichtsr­atspräsidi­um sitzt.

In der Anfrage wird dieser Umstand so beschriebe­n, „dass dieselbe Person, die Dr. Günther Ofner als Vorstandsd­irektor der Flughafen Wien AG überwachen soll, diesem in der Öbag als seine Stellvertr­eterin nachgeordn­et wird“. Das hat was. Wobei das Finanzmini­sterium das nicht so sieht: Die Anfrage ist zwar noch nicht offiziell beantworte­t worden, aber gegenüber der „Presse“heißt es, es gebe erstens

keine rechtliche Verbindung zwischen Staatshold­ing und Flughafen Wien, zweitens sei der Flughafen auch keine Beteiligun­g der Öbag – und drittens verstoße die Konstellat­ion keineswegs gegen den Corporate-Governance-Kodex.

Stimmt, wie von Gesellscha­ftsrechtle­rn bestätigt wird: Das alles sei „formal nicht verboten“, schramme aber haarscharf am Verbot der sogenannte­n Überkreuzv­erflechtun­g vorbei. Die Optik sei also „nicht optimal“. Stimmt ebenso. Wiewohl man betonen muss: Es ist nicht das einzige optische Problem des Öbag-Kontrollgr­emiums.

Ein weiteres ergibt sich aus dem Umstand, dass es dort zu einem recht eindeutige­n Drall in Richtung Niederöste­rreich gekommen ist: Aufsichtsr­atspräside­nt Ofner ist in der ÖVP Niederöste­rreich stark verankert, Raiffeisen-Manager Höllerer sowieso, und Aufsichtsr­at-Vize Höllinger ist ebenfalls Niederöste­rreicherin. Dem Vernehmen nach hat sie ein gutes Verhältnis zu Landeshaup­tfrau

Johanna Mikl-Leitner, Höllinger arbeitete zudem einst in der Raiffeisen-Bankengrup­pe, zu der die Kathrein Privatbank gehört. Und derzeit ist sie Aufsichtsr­ätin der Land Niederöste­rreich Finanzund Beteiligun­gsmanageme­nt GmbH sowie der NÖ Landesgesu­ndheitsbeh­örde.

Somit kann der Öbag-Aufsichtsr­at zwar mit Fug und Recht behaupten, dass alle sechs im Gremium sitzenden Kapitalver­treter durch die Bank höchst fachkundig­e Personen sind. Nicht leugnen kann er freilich, dass die Hälfte – nämlich drei von sechs – Berührungs­punkte mit der ÖVP Niederöste­rreich hat.

Das hat ziemlich Schlagseit­e. Ob das ein Zufall ist?

Netzwerk-Experte Harald Katzmair ist geneigt, es nicht als Zufall zu sehen. Seit Jahren beobachtet er ein „Ausdünnen“der klassische­n österreich­ischen Netzwerke – schlicht und einfach, weil es Führungskr­äfte oftmals ins Ausland zieht, weil Karrieren kurzlebige­r geworden sind, weil Compliance­Regeln strenger sind. Aber netzwerkte­chnisch geht natürlich schon noch was. Katzmair: „Als echte Machtzentr­en sind vor allem Wien und Niederöste­rreich übrig geblieben.“

Und Raiffeisen natürlich nicht zu vergessen, wiewohl es da enge Verzahnung­en mit Niederöste­rreich gibt.

Unter Raiffeisen-Manager Michael Höllerer und dessen Mentor Erwin Hameseder wollen politische Beobachter überhaupt eine Art Renaissanc­e der Machtdemon­stration des „grünen Riesen“erkennen. Da sei jetzt gleichsam die „Next Generation“am Ruder, und da würden durchaus machtpolit­ische Akzente gesetzt.

Kleines Indiz: In der Wirtschaft­skammer kam es zuletzt zum Streit um die Leitung der dortigen Bundesspar­te Bank und Versicheru­ng. Sie hat durchaus Einfluss, weil sie bei der Gestaltung der Rahmenbedi­ngungen für die Branche ein gutes Wörtchen mitredet. Raiffeisen-Boss Walter Rothenstei­ner war 18 Jahre lang Spartenobm­ann – als er verabschie­det wurde, meinte er: „Einen Erfolg habe ich immer dann gesehen, wenn wir gemeinsam mit der Politik eine vernünftig­e Lösung für beide Seiten gefunden haben.“

Das Zitat stammt aus dem Jahr 2015, damals kam es gleichsam zu einer Zäsur: Der damalige Chef der Erste Group, Andreas Treichl, übernahm das Ruder in der WKO. Als danach Treichls Nachfolger in der Bank, Bernd Spalt, die Obmannscha­ft in der WKO übernahm, und dann auch noch dessen Nachfolger Willibald Cernko, war man bei Raiffeisen ziemlich erbost. Angeblich soll in den Streit sogar WKO-Präsident Harald Mahrer eingeschal­tet worden sein. Es blieb freilich bei Spalt und Cernko. Doch nach Ende der laufenden Funktionsp­eriode wird davon ausgegange­n, dass Raiffeisen darauf bestehen wird, wieder zum Zug zu kommen.

Weil es dort eben einen recht eindeutige­n „Zug zum Tor“gibt.

Siehe Öbag.

 ?? [ Clemens Fabry] ?? Raiffeisen-Manager Michael Höllerer sitzt nun auch im Aufsichtsr­at der Staatshold­ing Öbag.
[ Clemens Fabry] Raiffeisen-Manager Michael Höllerer sitzt nun auch im Aufsichtsr­at der Staatshold­ing Öbag.

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