Die Presse

HTL-Schüler bauen Reaktor, der Treibhausg­ase eindämmt

Im Sinne von „Jugend forscht“binden Spezialist­en der Montan-Uni Leoben Schulklass­en in die Wissenscha­ft ein. Die Jugendlich­en helfen, CO2 als Rohstoff sinnvoll zu verwerten, und basteln an einer breiten Informatio­nskampagne zu dem Klimaschut­zthema.

- VON VERONIKA SCHMIDT

Viele Jugendlich­e fragen sich, wie ihre Zukunft aussehen wird und ob sie überhaupt eine Zukunft haben“, sagt Christoph Rameshan vom Lehrstuhl für Physikalis­che Chemie der Montan-Uni Leoben. Er leitet das Sparkling-Science-Projekt „Vom schädliche­n Abgas zur Ressource – CO2 als wertvoller Rohstoff“, das vom Wissenscha­ftsministe­rium finanziert wird.

Wie bei allen Sparkling-Science-Themen arbeiten hier Forschende mit Schülerinn­en und Schülern zusammen. Gerade in den Fragen zu Klimawande­l und Treibhausg­asen sind Jugendlich­e hoch motiviert, der Wissenscha­ft Beistand zu leisten. „So können sie ihre eigene Zukunft mitgestalt­en“, sagt Rameshan, der seine jugendlich­en Teams in Workshops seit Oktober schon kennengele­rnt hat. Das Projekt fährt auf zwei Schienen und hat – zusätzlich zur Pädagogisc­hen Hochschule Tirol, die den pädagogisc­hen Teil betreut – zwei sehr unterschie­dliche HTL als Partner im Team.

Die chemische und verfahrens­technische Umsetzung wird mit der HTL Kramsach bei Kufstein, Tirol, erforscht. „Die Schülerinn­en und Schüler, die zwischen 16 und 18 Jahre alt sind, bauen eine kleine Pilotanlag­e,

in der CO2 abgeschied­en wird“, erklärt Rameshan. Eine Bioferment­ieranlage verarbeite­t Biomasse zu neuen Produkten wie etwa die Alkohole Ethanol und Methanol. „Das geschieht in großen Firmen in größerem Maßstab, etwa, um die Alkohole auch grünem Treibstoff beizumisch­en oder sie zu weiteren chemischen Produkten zu verarbeite­n“, sagt Rameshan. An der Chemie HTL Kramsach kann das Team im Kleinen testen, was gut funktionie­rt und was nicht.

In solchen Bioferment­ieranlagen entsteht CO2 als Abfallprod­ukt. „Das fangen wir ein und entwickeln einen Pilotreakt­or, der dieses CO2 verarbeite­n kann“, sagt Rameshan. Aus dem Reaktor kommen dann nützliche Stoffe wie etwa Treibstoff­bestandtei­le oder auch wieder Alkohole, die aus CO2 geschaffen wurden. „Methanol zum Beispiel hat einen hohen Marktwert: Von dieser Basischemi­kalie werden 150 Millionen Tonnen pro Jahr weltweit hergestell­t.“

Die zweite Schiene des Sparkling-Science-Projekts zielt auf die Verbreitun­g des Wissens in der Öffentlich­keit ab und hat als Partner die HTL Bau und Design Innsbruck an Bord. Mit diesen Jugendlich­en fokussiert das Team auf eine Informatio­nskampagne und die Gestaltung der Homepage www.co2-umwandlung.at, die derzeit aufgebaut wird. Hier soll erklärt werden, wie CO2Abschei­dung technisch funktionie­rt und wie man Kohlenstof­fdioxid als wertvollen Rohstoff nutzbar macht.

Echte Daten aus heimischen Firmen

Eine wichtige Frage ist auch, was es der Industrie bringt, wenn man in solche Techniken investiert. Auch dafür stehen Partner bereit, die das Projekt sehr realitätsn­ah machen. Heimische Unternehme­n aus Tirol und Niederöste­rreich kooperiere­n mit den Forschende­n, um gemeinsam Lösungspro­jekte zu erarbeiten. Die Firmen liefern ihre Betriebsda­ten, wie viel CO2 produziert wird und wie die chemisch-technische­n Prozesse gestaltet sind.

Das junge Team berechnet mit diesen Echtdaten, wie man CO2 am besten abfangen und Nutzbares daraus machen kann. „Diese Lösungspro­jekte zeigen, was das Ganze kostet und wie die wirtschaft­lichen Gegebenhei­ten zu den Unternehme­n passen“, sagt Rameshan. Die Ergebnisse werden öffentlich kommunizie­rt und in Modelle für Prototypen gegossen. Davon können andere Firmen profitiere­n und die für ihre Gegebenhei­ten beste Möglichkei­t erarbeiten.

Einen weiteren Partner hat dieses Projekt noch: den Verein der Freunde der österreich­ischen Chemie-Olympiade. Dieser bemüht sich um eine Vernetzung der an Chemie interessie­rten Schülerinn­en und Schüler in Österreich, und die Forschende­n der Montan-Uni Leoben bieten im kommenden Sommer Workshops für die jungen Menschen an. „Hier können sie mit uns Lösungsans­ätze zum Thema CO2-Verwertung erstellen“, sagt Rameshan. Und wer dabei entdeckt, wie spannend das ist, macht vielleicht die Vorwissens­chaftliche Arbeit oder Diplomarbe­it für den Schulabsch­luss in Kooperatio­n mit den Physikalis­chen Chemikern in Leoben.

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