Ohne Personal gibt es keinen Wandel
Während sich die Automobilbranche darauf vorbereitet, von Verbrennungsauf Elektromotoren umzusteigen, fehlen die Fachkräfte, um Hochvoltanlagen zu überprüfen.
Die Bereitschaft, in erneuerbare Energien und deren Ausbau zu investieren, ist so hoch wie nie zuvor. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Deloitte-Studie, an der 1000 Befragte teilgenommen haben. Dabei spiele unter anderem der Umstieg von fossilen Verbrennungs- auf Elektromotoren eine bedeutende Rolle: „Die Automobilbranche befindet sich in einem starken Wandel, Elektromobilität und Digitalisierung sind dabei große Treiber“, sagt Klaus Fetka, HR-Leiter der Porsche Holding in Salzburg. Dieser Antrieb spiegelt sich auch im verkürzten Zeithorizont potenzieller Elektroautokäufer wider: Die Hälfte der Interessenten könne sich eine Anschaffung innerhalb der nächsten fünf Jahre vorstellen.
Insgesamt sei das Kaufinteresse im Vergleich zu den Vorjahren stagnierend. Der Wunsch, sich ein Elektroauto zu kaufen, ist in der Gruppe der unter 40-Jährigen am größten, geht aus der Studie hervor. „Die Welt der Mobilität ist ein Schlüsselsektor im Klimaschutz, und das Thema Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung“, betont Fetka. Doch das steigende Interesse trifft auf fehlende Kompetenz, um Reparaturen an den Autos durchzuführen. Denn: Sie werden durch einen synchronen Wechselstrommotor angetrieben. Und dieser sei regelmäßig in der Herstellerwerkstatt zu überprüfen, rät der ÖAMTC.
Dort zeichnen Spezialisten wie Hochvolttechniker und E-Mobilitätstechniker dafür verantwortlich, den Betrieb instand zu halten. Doch dafür muss es erst einmal gelingen, diese Spezialisten zu finden oder auszubilden. „Die Berufsanforderungen ändern sich“, bestätigt Fetka. Porsche habe sich als größter Lehrlingsausbildner in Österreich – mit über 600 Lehrlingen – früh damit beschäftigt, welche Qualifikationen es zu fördern gilt. Man setzte vor allem auf die Bereiche Vertrieb, IT und Finanz.
Darüber hinaus habe man zwei Ausbildungslehrgänge eingeführt: Zum E-Mobilitätstechniker, der befähigt ist, Hochvoltanlagen zu diagnostizieren und Arbeiten an der HV-Anlage durchzuführen. Und Hochvoltexperten, die damit vertraut werden, Batterien zu öffnen und Arbeiten direkt im Hochvolt-Stromkreis durchzuführen.
Doch obwohl die Porsche Holding neben der OMV das umsatzstärkste Unternehmen des Landes ist, gelinge es nicht, „sich dem Fachkräftemangel zu entziehen“, so der Jurist. Deshalb werde die Ausbildung dieser beiden Funktionen mit höchster Priorität behandelt. Darüber hinaus erlernen alle Lehrlinge in einer achttägigen Zusatzausbildung die Inhalte zur Fahrzeugelektrik, zu elektrischen Systemen und Hochvolt-Grundlagen.
Blick über die EU-Grenzen
Neben den technischen Fähigkeiten sei auch der Umgang mit Daten nicht unwesentlich, ergänzt Gerald Harzl, Vice President HR Magna International, und wagt dabei einen Blick in die Zukunft: „Datenmanagement, Infotainment und funktionale Sicherheit werden dominieren – und so auch die Nachfrage nach entsprechenden Fähigkeiten.“Ob es dafür genug Fachkräfte gebe? „Ein klares Nein. Wir sind darauf angewiesen, Mitarbeitende nicht nur aus anderen EU-Ländern, sondern auch außerhalb der EU zu rekrutieren. Wir beschäftigen immer mehr Menschen aus anderen Ländern und Kulturen, selbst Kandidaten aus Indien oder dem arabischen Raum werden bei uns angeworben“, sagt er.
Das sei zwar mit einem hohen Aufwand an Serviceleistungen und Arbeitsbewilligungen verbunden – bis hin zur Integration der Familien –, doch die einzige Möglichkeit, dem Bedarf gerecht zu werden. Der kanadisch-österreichische Automobilzulieferer profitiere davon, international vernetzt zu sein. Und von den internen Weiterbildungsangeboten: „Unsere Mitarbeitenden wissen, dass sie bei uns zahlreiche Karrieremöglichkeiten haben.“