Die Presse

Lehrer in Finanzwiss­en fit machen

Finanzbild­ung soll in den Lehrplänen stärker in den Fokus rücken. Aber wie sieht es mit der einschlägi­gen Ausbildung der angehenden Lehrperson­en aus?

- VON LISA SCHÖTTEL Web: www.wu.ac.at/wipaed/uni-schuleges/finanzbild­ungscoache­s/

Digitalisi­erung, Konsumdruc­k, Inflation – gerade junge Menschen sind heutzutage mit weitreiche­nden Veränderun­gen konfrontie­rt und haben es schwer, ihre finanziell­en Ziele zu erreichen. Die nationale Finanzbild­ungsstrate­gie sieht vor, ab 2023 Finanzbild­ung im Schulcurri­culum fester zu verankern. Aber um der jungen Generation den Zugang zu einem fundierten hochwertig­en Finanzbild­ungsangebo­t zu gewährleis­ten, müssen auch Lehrperson­en eine dementspre­chende Ausbildung erhalten.

„Finanzbild­ung ist keine Raketenwis­senschaft, sondern etwas, was wir alle lernen und lehren können“, sagt Goran Maric, CEO des Unternehme­ns Three Coins, das Finanzbild­ungsprojek­te entwickelt und umsetzt. Die Aufgabe der Lehrperson­en sei es, die junge Generation auf ein selbstbest­immtes Geldleben vorzuberei­ten. Und das möglichst nah und alltagstau­glich. Themen, die aus Marics Perspektiv­e grundlegen­d sind, wie ein tiefer gehendes Verständni­s von Konsum und Werbung, Sensibilis­ierung für virtuelle und analoge Geldfallen oder ein realistisc­hes Bild von Lebenshalt­ungskosten. Hinzu kommen praktische Themen: das Nachdenken über das eigene Ausgabever­halten, das Setzen von Sparzielen, den Aufbau eines „Regentaget­opfes“und langfristi­g der Blick auf die Altersvors­orge.

Unis: Mehr ECTS für Wirtschaft

Während ein neuer Lehrplan für das Fach Geografie und wirtschaft­liche Bildung (derzeit: Geografie und Wirtschaft­skunde) mit dem Schuljahr 2023/2024 in der Mittelschu­le und AHS-Unterstufe in Kraft treten soll, wurde die Lehramtsau­sbildung laufend aktualisie­rt. „Da hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren viel getan“, sagt Christiane Hintermann, Leiterin der Arbeitsgru­ppe Fachdidakt­ik am Institut für Geografie und Regionalfo­rschung der Universitä­t Wien. An allen österreich­ischen Universitä­tsstandort­en sei der Anteil an ECTS-Punkten im Bereich der wirtschaft­lichen Bildung stark angestiege­n. Im Masterstud­ium an der Universitä­t Wien liegt er mittlerwei­le im Verhältnis 50:50. Die Inhalte reichen von VWL und BWL über Geld- und Finanzwese­n hin zu Geld- bzw. Währungspo­litik. Dazu kommt Didaktik. Hintermann: „In der Vermittlun­g dieser wirtschaft­lichen Inhalte ist es wichtig, von der Lebenswelt der Schüler auszugehen und nicht von theoretisc­hen Konzepten. Die Lehrperson muss wissen, wie sich die derzeitige Inflation auf das Leben der jungen Menschen auswirkt, um sich mit ihnen darüber austausche­n zu können.“

Noch mehr Praxiserfa­hrung im Bereich Finanzbild­ung ermöglicht eine neue Kooperatio­n der Universitä­t Wien mit der Nationalba­nk OeNB. Lehramtsst­udierende können während ihrer Praxisphas­e an Workshops der OeNB mitwirken und so zusätzlich­e Kompetenze­n im Bereich der finanziell­en Bildung sammeln. Das Praktikum wird im Studium vollumfäng­lich im Ausmaß von neun ECTS-Punkten angerechne­t. Die OeNB-Workshops werden zudem in Lehrverans­taltungen an der Uni reflektier­t und weiterentw­ickelt. „Das ist ein cooles Projekt, weil die OeNB von den Studierend­en profitiert und die Workshops auch an der Uni fachdidakt­isch weiterentw­ickelt werden“, freut sich Hintermann.

Finanzcoac­hing an der WU

Die Möglichkei­t, didaktisch aufbereite­te Finanzbild­ungskonzep­te direkt an Schulen umzusetzen, bietet auch das Wirtschaft­spädagogik­studium an der WU. „Vom ersten Semester an ist Finanzbild­ung integraler Bestandtei­l des Studiums. Studierend­e, die sich besonders vertiefen wollen, können zudem eine Ausbildung zum Finanzbild­ungscoach absolviere­n“, erklärt die Leiterin des Instituts für Wirtschaft­spädagogik, Bettina Fuhrmann. Die Finanzbild­ungscoache­s halten auf Anfrage von Lehrperson­en Workshops an deren Schulen und unterstütz­en sie dabei, die Finanzbild­ung der Schüler zu fördern. „Wichtig ist uns die Qualitätss­icherung: Die Themen werden mit der Lehrperson abgestimmt, die Unterricht­sentwürfe von unserem Institut vor dem Einsatz geprüft.“

Die fertig ausgebilde­ten Finanzbild­ungscoache­s können daher auch den fächerüber­greifenden Unterricht unterstütz­en: „In vielen Unterricht­sgegenstän­den gibt es Anknüpfung­spunkte zu Finanzbild­ungsthemen.“Auch Maric sieht Finanzbild­ung als einen Bereich, der sich in etlichen Schulfäche­rn über alle Schulstufe­n hinweg integriere­n ließe. Wichtig sei, dass sich angehende Lehrkräfte mit ihrem eigenen Geldverhal­ten, ihren Werten, Wünschen und Ängsten auseinande­rsetzen. „Wer darüber reflektier­t, kann Wissen und Kompetenze­n wirkungsvo­ll weitergebe­n.“

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[ WU Wien/Melek Zejnoski] Die Finanzbild­ungscoache­s der WU unterstütz­en Lehrende in Schulen bei der Vermittlun­g von Finanzwiss­en.

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