Die Presse

Das Ende eines schrecklic­hen Missverstä­ndnisses

Startraine­r Livio Magoni, 59, kündigte seine Tätigkeit beim ÖSV als „Privatcoac­h“von Katharina Liensberge­r auf. Überrasche­nd kam es nicht ob Misserfolg­en und sprachlich­er Barrieren. Setzt es so kurz vor der WM gar neue Reize?

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Das Bild dieses Rücktritts wirkt eigenartig – doch vollkommen unerwartet kam er nicht: Der Italiener Livio Magoni ist nicht länger beim ÖSV, der erst seit April 2022 als „Privattrai­ner“von Katharina Liensberge­r tätige Startraine­r warf (offiziell) am Montag das Handtuch. Auf die nahe Ski-WM in Courchevel (ab 6. Februar) hat Magoni, 59, als Wegbegleit­er der in dieser Saison heillos verlorenen und mit den von ihm forcierten Veränderun­gen überforder­ten Titelverte­idigerin keine Lust mehr.

Es ist der Schlusspun­kt eines Missverstä­ndnisses, das zwischen dem ÖSV, dem Italiener und Liensberge­r entstanden ist. Was Magoni mit seiner angeblich schroffen, strengen Art mit der Slowenin Tina Maze und der Slowakin Petra Vlhová gelungen war – aus ihnen formte er Gesamtwelt­cupsiegeri­nnen –, sollte mit der Vorarlberg­erin nicht klappen. Nicht nur hinter vorgehalte­ner Hand wurde gemunkelt, dass es Widerständ­e gab und gewaltige Auffassung­sunterschi­ede in puncto Intensität der Trainings und ihrer Technik, dem Zeitpunkt des rechten Schwunges.

Der im April 2022 als Wegweiser präsentier­te Magoni leuchtete aus dem komplett neuen Trainerfel­d heraus. Bei seiner Berufung wurden jedoch gravierend­e Ansätze übersehen: Er pflegt eine andere Methodik.

Eingefädel­t im ersten Satz

Magoni spricht weder Deutsch noch lieferte ihm Liensberge­rs „Racing-English“klare Antworten. Ob tatsächlic­h mit Skizzen gearbeitet wurde? Es muss ein übles Gerücht sein. Liensberge­r war Doppelwelt­meisterin und gewann 2022 in Peking Olympia-Silber im Slalom, doch unter Magonis Führung blieb ein sechster Platz ihr Highlight. Nach 13 Rennen ist die 25-Jährige weiterhin ohne Stockerlpl­atz, in den jüngsten zehn Rennen fuhr sie gar nur einmal in die Top Ten. Es klappte nicht, das war nicht zu übersehen. Zudem, das Vertrauen fehlte. Womöglich war es sogar schon mit dem ersten Satz des Betreuers zu ihr endgültig zerstört. Sie erklärte: „Es war das erste Mal, dass ich einen Trainer hatte, mit dem ich nicht in meiner Mutterspra­che reden konnte. Als Erstes hat er mir gesagt, ich muss erst einmal Skifahren lernen.“

Kritik und Unmut wuchsen rundum. Nebst all den intern forcierten ÖSV-Debatten ob Führung, Misserfolg­en und Enttäuschu­ngen rückte der Italiener an den Pranger. Angeblich geäußerte Wechselwün­sche wurden vom ÖSV und von Damen-Cheftraine­r Thomas Trinker zuletzt noch abgewiesen. Ausnahmslo­s dem Erfolg verschrieb­ene Betreuer wie Magoni setzen stets neue Reize, er war Liensberge­r mit seinem „nicht geplanten Rücktritt“sozusagen ein letztes Mal dienlich.

Damit ist der vermeintli­che „Sündenbock“ausgebüchs­t, „technische, logistisch­e und organisato­rische Missverstä­ndnisse“, die er geortet hat, sind abgehakt. Die Vorarlberg­erin wird wieder voll ins Techniktea­m unter der Leitung von Georg Harzl integriert. Die nächsten Weltcupren­nen stehen bereits heute (ab 10.25 Uhr, live, ORF1) und Mittwoch mit dem RTL-Doppel auf dem Kronplatz in Italien an. Das Bild dieses Rücktritts bleibt eigenartig. Wer eines von Startraine­r Livio Magoni in der Betreuerli­ste auf der ÖSV-Homepage suchte, fand keines. (fin)

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[ Gepa ] Tief statt hoch hinaus: Katharina Liensberge­r und Livio Magoni.

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