Die Presse

Wie Meloni Italien in Europas neuen Energie-Hub verwandeln will

Italiens Regierungs­chefin hofiert Gasliefera­nten Algerien.

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Rom/Wien. Giorgia Meloni hat ehrgeizige Träume: Italien soll die künftige Drehscheib­e für Europas Energiever­sorgung werden. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die rechte Premiermin­isterin die Strategie ihres Vorgängers Mario Draghi fort: Sie intensivie­rt Beziehunge­n zu Nordafrika, allen voran zum Gasliefera­nten Algerien. Das Maghreb-Land besuchte die Regierungs­chefin zu Wochenbegi­nn – es war ihre allererste bilaterale Visite seit Amtsantrit­t Ende Oktober.

Meloni, die anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums eines Freundscha­ftsvertrag­s mit prominente­r Wirtschaft­sdelegatio­n anreiste, pries Algerien als „stabilsten und ältesten Partner“Italiens in der Region. Gegenüber Präsident Abdelmadji­d Tebboune sprach sie gleich das Wesentlich­e an: „Heute ist Algerien unser wichtigste­r Gasliefera­nt.“Beim Besuch wurden zwei Energie-Abkommen unterzeich­net, die weitere Steigerung­en der Gasexporte vorsehen sowie eine neue Pipeline für Wasserstof­f. Bereits Draghi hatte im Frühling die Energiekoo­peration mit Algerien intensivie­rt. So hat Rom in nicht einmal einem Jahr die Abhängigke­it von Russland beendet, das bis vor dem Krieg 40 Prozent des italienisc­hen Erdgases geliefert hatte. Bis spätestens 2025 will man gar kein russisches Gas mehr importiere­n. Jetzt schon kommt der Großteil des Rohstoffes über die Transmed-Pipeline von Algeriens Wüste nach Sizilien.

Marode Infrastruk­tur

Rom hofft, dank Mittelmeer-Pipelines Italien zum Hub für Energielie­ferungen von Afrika nach Mittel- sowie Nordeuropa zu machen. Der Weg dahin ist aber lang: Algeriens Energie-Infrastruk­tur ist marode und ungeeignet für die schnell wachsende Nachfrage. Auch ist die politische Lage instabil: Die Regierung reagiert zunehmend repressiv auf internen Unmut wegen Armut und Korruption.

Das stört Meloni ebenso wenig wie andere EU-Regierunge­n von Madrid bis Paris, die Algier wegen seines Gases hofieren. Im Wettlauf um die algerische Gunst will Italien die Zusammenar­beit auch in anderen Bereichen ausbauen. So plant Fiat etwa eine große Fabrik in Algerien.

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