Missbrauch: Mehrere Anzeigen gegen Verdächtige
Lehrer-Fall. Bereits im Oktober erstatteten Bildungsdirektion und Opferanwältin Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.
Wien. Im Missbrauchsfall um einen Wiener Sportlehrer kommen immer mehr Details ans Licht. Ronald S. dürfte von 2004 bis zu seinem Tod 2019 mindestens 40 unmündige Buben sexuell missbraucht haben.
Die Frage lautet nun: Hatte er tatsächlich Mittäter? Das wird zumindest seit geraumer Zeit angenommen, nachdem das Zeugen und Opfer angaben. Bereits in einem Akt aus dem Jahr 2019, über den die Opferanwältin Herta Bauer verfügt, werden zwei mögliche Mittäter erwähnt.
Einer davon ist ein ehemaliger Schüler von S., der laut Zeugenaussagen in der Woche nach dem Ableben des Lehrers dessen Spind und Pausenraum in der Schule ausgeräumt haben soll. Er wird auch im Endbericht der Untersuchungskommission der Bildungsdirektion erwähnt. Dieser ehemalige Schüler sei oft an der Schule gewesen und habe Schüler beispielsweise im Geräteturnen trainiert.
„Die bereits erwähnte ehemalige Schülerin berichtete davon, dass er (Anm.: der Verdächtige) Schülerinnen, die an der Sportwoche teilnahmen, anzügliche elektronische Nachrichten mit Bildern übermittelt hätte“, heißt es weiter im Endbericht. Der mutmaßliche Mittäter habe bei der Befragung durch die Kommission einen solchen Kontakt abgestritten. Die Kommission übermittelte eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien.
Drei mutmaßliche Mittäter
Aber auch gegen einen zweiten mutmaßlichen Mittäter und den Direktor der Schule wurden Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. Der zweite Verdächtige war laut einer Zeugin „ein alter Mann mit grauen Haaren“. „Der war sehr unangenehm, hat uns immer überall angefasst und komische Kommentare zum Beispiel über unsere Figur gemacht.“Dieser Mann konnte laut Opferanwältin bis dato nicht identifiziert werden. Beim Direktor stehe indessen der Verdacht von Begünstigung im Raum.
Darüber hinaus verlor ein dritter Verdächtiger 2016 seine Arbeit als Lehrer – aufgrund eines sexuellen Übergriffs. Danach wurde der Mann vom mittlerweile verstorbenen Sportlehrer über einen Basketballverein wieder in die Schule eingeschleust. Unterlagen zu seiner Person in einem Personalakt seien verloren gegangen, wie aus einer Sachverhaltsdarstellung der Bildungsdirektion hervorgeht.
„Wir haben fünf Sachverhaltsdarstellungen im Oktober eingebracht und haben die Rückmeldung bekommen, dass aufgrund mangelnden Anfangsverdachts die Ermittlungen eingestellt wurden“, sagte eine Sprecherin der Bildungsdirektion zur „Presse“. Auch Opferanwältin Herta Bauer brachte eine Sachverhaltsdarstellung im Oktober bei der Staatsanwaltschaft Wien ein. Nachdem diese aber ebenso aus mangelndem Anfangsverdacht eingestellt wurde, erstattete sie erneut mit zusätzlichen Zeugenaussagen Anzeige. Diese liegt seit 30. November bei der Staatsanwaltschaft und werde laut deren Sprecherin geprüft.
Wann wird ermittelt?
Erneut mit der Fragestellung nach etwaigen Ermittlungsschritten gegen Verdächtige konfrontiert, sagt die Sprecherin: „Nein, derzeit sind keine Ermittlungen eingeleitet worden. Die Prüfung (der Sachverhaltsdarstellung, Anm.) ist noch nicht zur Gänze abgeschlossen.“
Dazu sagt Herta Bauer: „Es stellt sich die Frage, wie Sexualstraftaten jemals ermittelt werden sollen, wenn nicht derartige Verdachtsmomente wie in gegenständlichem Fall behördenseitig und von Amts wegen ermittelt werden.“