Fünf Fragen zu „Stolz auf Wien“
Zwei von der Stadt unterstützte Betriebe schlitterten innerhalb von wenigen Tagen in die Insolvenz – obwohl ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit geprüft wurde.
Wien. Mitten in der Coronapandemie startete die Stadt Wien mit privaten Geldgebern das Projekt „Stolz auf Wien“. Damit wurde Unternehmen, die durch Corona wirtschaftlich ins Trudeln kamen, unter die Arme gegriffen – in Form einer Beteiligung der Stadt, was Diskussionen über eine „Verstadtlichung“auslöste. Mit den Gastro-Unternehmen Café Ritter sowie Habibi & Hawara schlitterten nun zwei innerhalb weniger Tage in die Insolvenz – was Fragen eröffnet.
1 Was ist die Initiative „Stolz auf Wien“und welches Ziel verfolgt sie?
Die Initiative von Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke wurde 2020 gestartet. Die Stadt stellte dafür 20 Millionen Euro zur Verfügung, private Unternehmer ebenfalls 20 Millionen Euro. Durch die Beteiligung sollte die Eigenkapital-Decke gestärkt werden. Unterstützt werden gesunde Unternehmen, die wegen Corona in Probleme geraten sind. Das Ziel der Stadtregierung war also die Rettung von Arbeitsplätzen – mithilfe privater Geldgeber wie der Wirtschaftskammer Wien, Bawag Group, Erste Bank, UniCredit Bank Austria, Wiener Städtischen, Raiffeisen Landesbank Steiermark sowie der AVZ Privatstiftung. Die Beteiligung an einem Unternehmen ist auf maximal zwei Millionen Euro bzw. maximal 20 Prozent pro Unternehmen begrenzt und bis 2028 befristet. Dann wird sich die Stadt in jedem Fall zurückziehen.
2 Gibt es eine weitere Schiene, mit der Unternehmen unterstützt werden?
Ja, bei der zweiten Schiene (2021) mit dem Schwerpunkt Gastronomie und Hotellerie haben ausschließlich private Investoren eingezahlt. Bei diesen drei Millionen Euro geht es um Genussrechte. Das Café Ritter gehört in diese Kategorie. Aktuell ist „Stolz auf Wien“bei 40 Unternehmen (Beteiligung und Genussrechte) engagiert.
3 Nach Insolvenzen von Firmen, die unterstützt wurden: Ist das Steuergeld verloren?
Zu den Betroffenen: Berger und Lohn hat die Sanierung bereits erfolgreich abgeschlossen, Danube Waterfront, Café Ritter und Habibi & Hawara haben die Sanierung angemeldet, die Bäckerei Gragger befindet sich im Sanierungsverfahren. Barbara Forsthuber, Geschäftsführerin der „Stolz auf Wien“-GmbH, verweist darauf, dass die hohe Inflation und
die enormen Energiepreise die Situation für diese Firmen zusätzlich massiv erschwert hätten. Nachsatz: Bei 20 Millionen Euro Fördersumme für angeschlagene Firmen sei leider damit zu rechnen gewesen, „dass sich das eine oder andere Unternehmen nicht von Corona erholt“. Damit wäre Steuergeld verloren. Im Fall, dass ein Unternehmen die Anteile der Stadt am Ende der Laufzeit nicht zurückkaufen kann, darf „Stolz auf Wien“diese Anteile z. B. an einen Investor verkaufen. Wobei es auch in die andere Richtung gehen kann: Wenn ein Unternehmen sich hervorragend entwickelt, steigt die Beteiligung der Stadt im Wert – beim Ausstieg 2028 würde also ein Gewinn anfallen. Forsthuber nennt exemplarisch zwei Unternehmen, die aktuell sehr gut unterwegs seien: CompactElektrik und Frey Wille.
4 Wie wurden die Unternehmen geprüft, bevor (Steuer-)Geld geflossen ist?
Im ersten Schritt von einem externen Wirtschaftsprüfer. Erst nach dessen positiver Fortführungsprognose geht „Stolz auf Wien“mit dem Eigentümer in Verhandlungen. Es werden Businessplan, Saldenlisten etc. und die wirtschaftlichen Erfolge in der Vergangenheit geprüft, um die Frage zu beantworten: Wie wahrscheinlich ist es, dass das Unternehmen das geliehene Geld (Beteiligung) bis 2028 wieder zurückzahlen kann?
Welche Unternehmen finanzielle Unterstützung bekommen, empfiehlt ein Beirat, in dem u. a. Ex-Raiffeisen-Chef Christian Konrad und Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky vertreten sind, aber etwa auch der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende der UniCredit Bank Austria AG, Erich Hampel.
5 Wie viele Arbeitsplätze wurden bisher gesichert?
„Hier wurden bisher rund 900 Jobs gerettet“, erklärt Forsthuber bezüglich der 40 unterstützten Firmen. Das bisher investierte Volumen liegt aktuell bei 19 Millionen Euro.