Die Presse

Aus dem Shootingst­ar wurde ein Problemfal­l

Auch nach fast einem Jahr findet die Dopingcaus­a um Kamila Walijewa kein Ende, vom Sport hält dieses Chaos der Ausschluss russischer Sportler wegen des Ukraine-Krieges fern: Die EM findet ohne Titelverte­idiger statt.

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Espoo/Moskau. Die Medaillenü­bergabe wird bei der heute beginnende­n Eiskunstla­uf-EM in Espoo erfolgen, eine Gewissheit, die in diesem Sport bei Olympia 2022 ins Wanken geraten ist. Fast ein Jahr später noch warten die Teams aus den USA und Japan auf ihr Edelmetall aus Peking, denn nach wie vor steht nicht fest, ob Russland das auf dem Eis erlaufene Gold behalten wird. Der Grund dafür heißt Kamila Walijewa.

Seit ihrem Senioren-Debüt im Herbst 2021 hatte die junge Russin die Szene in ihren Bann gezogen und souverän einen Titel nach dem anderen eingefahre­n. Unter Mithilfe unlauterer Mittel, lautet seit Februar 2022 die Frage. Nach dem Triumph im olympische­n Teambewerb wurde ein positiver Dopingtest auf das Herzmittel Trimetazid­in aus Dezember bekannt, im Einzel durfte die damals 15-Jährige nur dank CAS-Spruch als „besonderes schützensw­erte Person“starten. Der Teenager zerbrach unter dem Druck, die Führende nach dem Kurzprogra­mm wurde Vierte. Es war der Beginn einer schier endlosen Dopingsaga, die bis heute kein Ende kennt.

Nach monatelang­em Hinhalten hat die russische Anti-Dopingagen­tur (Rusada) zwar kürzlich Walijewa den russischen Meistertit­el 2021 aberkannt, ihr jedoch keine „Schuld oder Fahrlässig­keit“attestiert und deshalb von einer Sperre abgesehen. „Natürlich bin ich zufrieden“, sagte Walijewa, doch selbst russische Medien zweifelten die Aussagekra­ft dieses Urteilsspr­uchs an. Die Welt-Antidoping­agentur übte scharfe Kritik und wird nach Akteneinsi­cht wohl vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof dagegen vorgehen. Dass dieses Chaos nicht auch die EM erfasst, ist dem Ausschluss russischer Sportler wegen des Ukraine-Krieges geschuldet. Seit Olympia bestritt Walijewa keinen internatio­nalen Wettkampf mehr, stattdesse­n gewann sie Ersatzbewe­rbe in der Heimat: Jüngst begeistert­e sie als TV-Charakter Wednesday Addams aus dem gleichnami­gen Netflix-Hit auf dem Eis. Stolze 1,2 Millionen Fans zählt das Instagram-Profil der 16-Jährigen.

In Espoo werden um Walijewa alle Titelverte­idiger fehlen, weil sie aus Russland stammen. Das Podest ist frei für Neue: Loena Hendrickx (BEL) und Adam Siao Him Fa (FRA) sind die Favoriten, Österreich ist durch Olga Mikutina, Maurizio Zandron und Sophia Schaller/Livio Mayr vertreten.

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[AFP] Internatio­nal darf Kamila Walijewa nicht starten, wohl aber in der Heimat.

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