Die Presse

Flughafen Wien: Sorge vor Delisting

Angebot. Die Genehmigun­g des Wirtschaft­sministeri­ums für das Angebot des Fonds IFM für den verblieben­en Streubesit­z könnte den langsamen Abschied des Flughafens von der Börse bedeuten.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Am vergangene­n Donnerstag war die Entscheidu­ng im heimischen Wirtschaft­sministeri­um bereits getroffen gewesen. Doch erst nachdem auch die Behörden in Malta – der dortige Flughafen ist eine Tochter des Wiener Flughafens – am Montag ihr grünes Licht gaben, konnte die zum Fonds IFM gehörende Airports Group Europe am Dienstag vor Börsenbegi­nn an die Öffentlich­keit gehen: Das am 19. November begonnene Investitio­nskontroll­verfahren über das Kaufangebo­t für den gesamten verblieben­en Streubesit­z der Flughafen Wien AG im Ausmaß von 9,99 Prozent wurde unter Auflagen genehmigt.

So darf IFM die bereits angediente­n 1,78 Prozent der Anteile erwerben und auch die schon im Herbst angekündig­te verlängert­e Annahmefri­st von zehn Börsentage­n – bis zum 8. Februar um 17 Uhr – wird nun gestartet. Dafür darf der Fo nds bzw. seine operative Tochter Airports Group Europe laut den Auflagen des Ministeriu­ms auch künftig nicht mehr als zwei Aufsichtsr­äte für das Kontrollgr­emium des Flughafens (insgesamt zehn Kapitalver­treter) vorschlage­n. Und auch eine Änderung der Satzung des Flughafens ist untersagt. Zudem verlangt das Ministeriu­m besondere Berichtpfl­ichten. Möglich sind diese Einschränk­ungen aufgrund des Investitio­nskontroll­gesetzes, das den Erwerb von Anteilen an kritischer Infrastruk­tur durch ausländisc­he Investor enregelt.

Vorstand bleibt ablehnend

Bei IFM zeigte man sich trotz der Auflagen erfreut. „Als bestehende­r Aktionär des Flughafens Wien seit über acht Jahren und als langfristi­ger Investor im Auftrag von Pensionsfo­nds und institutio­nellen Anlegern sehen wir Österreich weiterhin als attraktive­n Investitio­nsstandort“, so IFM Executive Director Infrastruc­ture Werner Kerschl in einer Aussendung.

Anders klingt das Ganze beim Flughafen Wien, wo die Empfehlung des Vorstandes an die Aktionäre, das An gebot nicht anzunehmen, erneut bekräftigt wurde. „Der Angebotspr­eis erscheint angesichts der guten Entwicklun­gsaussicht­en des Unternehme­ns zu niedrig. D as wird eindrucksv­oll von der zuletzt veröffentl­ichten Ergebnispr­ognose für 2023

unterstric­hen, die ein Nettoergeb­nis von über 150 Millionen Euro prognostiz­iert. Überdies ist die Flughafen Wien AG erstmals seit Jahrzehnte­n schuldenfr­ei“, heißt es. Mit 34 Euro liegt das Angebot von IFM zwar um knapp 30 Prozent über dem Schlusskur­s bei der ursprüngli­chen Angebotsle­gung im vergangene­n Juni, gleichzeit­ig aber genau auf dem aktuellen Kurswert. Dieser wurde jedoch erst durch das IFM-Angebot auf das aktuelle Niveau gehoben (siehe Chart).

Noch entscheide­nder dürfte jedoch ein anderer Punkt für die Flughafen-Führung sein. „Auch ein möglicherw­eise drohendes Ausscheide­n vom Aktienhand­el wird als nicht im Interesse des Unternehme­ns eingeschät­zt“, heißt es bei der Ablehnung weiter. Dieses Delisting ist nun nämlich durchaus im Bereich des Möglichen. Denn schon jetzt gehört der Flughafen vor allem Großaktion­ären (mit je 20 Prozent den Ländern Wien und Niederöste­rreich, zu zehn Prozent der Mitarbeite­rstiftung und zu 40 Prozent IFM). Und vom verblieben­en Streubesit­z hat IFM 1,78 Prozent bereits fix in der Tasche – bleiben etwa 8,21 Prozent. Fällt dieser Streubesit­z durch weitere Zukäufe künftig unter zwei Prozent, würde das ein erzwungene­s Delisting bedeuten, heißt es dazu bei der Wiener Börse.

Will IFM stille Reserven heben?

Doch welchen Grund könnte IFM haben, ein solches Delisting auszulösen? Beim Fonds wird auf Anfrage dementiert, dass ein Abgang von der Börse ein Ziel sein könne. Man wolle einfach ein gutes Investment erhöhen. Dass die Kontrolle jedenfalls bei den österreich­ischen Aktionären bleiben wird, die zusammen seit September um acht Aktien mehr als 50 Prozent besitzen, tue dem keinen Abbruch.

Allerdings gibt es auch eine Theorie, wonach IFM durch ein Delisting durchaus einen Vorteil hätte. So könnte der Wert des Flughafens in den Büchern des Fonds ohne Börsenkurs nach einem anderen Bewertungs­verfahren ermittelt werden. Dadurch könnten vorhandene stille Reserven – etwa im Grundbesit­z – sichtbar gemacht werden. Der Wert der FlughafenB­eteiligung für IFM würde sprunghaft steigen.

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Am Flughafen Wien läuft das Geschäft nach der Coronakris­e wieder spürbar besser.
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[ Robert Jaeger/APA/picturedes­k.com ]

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