Die Förderung von heute ist der Inflationsschub von morgen
Die Inflationswelle hat mit Geldpolitik, Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg mehrere Gründe. Undifferenziertes Geldverteilen dürfte bald hinzukommen.
Mit der ersten Sitzung des Nationalrats im renovierten Parlament hat sich die Politik gleich jenes Themas angenommen, das wohl auch heuer die wirtschaftspolitische Diskussion bestimmen dürfte: die Inflation. Denn auch wenn der Preisanstieg bei Energie bereits kurz nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine allgemein spürbar wurde, tröpfelt die dadurch ausgelöste Teuerung mitunter nur langsam durch das Wirtschaftssystem und kommt vielfach erst jetzt bei den Menschen an. So steht beispielsweise bei knapp 400.000 Altbaumietern Anfang April die große Erhöhung der Richtwerte an. Und viele Fernwärmekunden der Wien Energie werden ebenfalls erst dieser Tage ihre Jahresabrechnung samt neuer – meist höherer – Vorschreibung erhalten.
Die bisher oft abstrakten Inflationswerte von zuletzt über zehn Prozent werden somit also konkret in den Geldbörsen spürbar. Und das führt – angesichts mehrerer bevorstehender Landtagswahlen – zu Unruhe in der Politik. Die Diskussion über eine staatliche Preisregulierung bei Mieten vulgo Mietendeckel, das Aussetzen von Konsumsteuern und nicht zuletzt über neue Förderungen nimmt seit einigen Tagen an Fahrt auf. Die Regierung ging dabei am Mittwoch gleich in Vorlage und beschloss eine Erweiterung der Strompreisbremse. Bei dieser gibt es künftig für größere Familien einen zusätzlichen Pro-Kopf-Bonus. Außerdem gilt die Preisbremse nicht mehr nur für Stromlastprofile von Haushalten. Dass damit vier Tage vor dem Urnengang in Niederösterreich auch Bauern in den Genuss der Förderung kommen, ist sicherlich nur Zufall.
Bundeskanzler Karl Nehammer erklärte in seiner Rede vor dem Nationalrat zwar, ihm sei wichtig, dass die Förderungen nicht überhandnehmen. Ob sich das mit den konkreten Handlungen der Regierung deckt, sei aber dahingestellt. So ist etwa mit dem Energiekostenzuschuss 2 eine der größten Maßnahmen erst im Jänner in Kraft getreten. Dieser wird laut Wirtschaftsminister Martin Kocher je nach Energiepreisen bis zu zehn Milliarden Euro kosten. Und dabei kann auch nicht überprüft werden, inwieweit Unternehmen ihre erhöhten Energiekosten nicht ohnehin an die Kunden weitergeben konnten und die Förderung sozusagen obendrauf kassieren.
Bedeutet das nun also, dass sämtliche Förderungen unsinnig sind? Keineswegs. So sind die Energiekosten ein wichtiger Faktor im Standortwettbewerb, bei dem Deutschland mittels Gaspreisbremse Druck gemacht hat. Haushalte mit mehr Köpfen wiederum verbrauchen klarerweise auch mehr Strom als kleinere. Und man kann es als unfair empfinden, wenn eine Landwirtfamilie keine Strompreisbremse erhält, nur weil das Lastprofil ihres Zählers, mit dem auch der Stall versorgt wird, nicht dem eines Haushalts entspricht.
Im Einzelfall lassen sich alle Förderungen also durchaus argumentieren. In Summe führen sie allerdings zunehmend zu einer Überförderung. Vor allem, da sie oft nicht zielgerichtet erfolgen. Das sorgt dafür, dass wichtige Preissignale für Knappheit überdeckt werden und die Inflation durch die zusätzliche Geldschwemme sogar angeheizt wird. Wie wichtig dieser Punkt ist, zeigte jüngst EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die die Regierungen dazu aufrief, mit mehr Bedacht zu fördern, da sonst die Zinsen stärker angehoben werden müssten.
Die Geldpolitik der EZB war es gleichzeitig, die den Boden für die aktuelle Situation bereitet hat. Allein seit 2020 wurde die Bilanz der Zentralbank um mehr als 3,5 Billionen Euro aufgebläht, als diese während der CoronaPandemie Staatsanleihen kaufte und so den Staaten Luft für ihre Hilfen gab. Dieses zusätzliche Geld im Kreislauf sowie der Angebotsschock durch die Lieferkettenproblematik nach Corona und der Energiepreisanstieg durch den Krieg in der Ukraine sorgen für den aktuellen Inflationscocktail.
Die Teuerung ist somit auch der Preis für das starke Abfedern der ökonomischen Kosten der Corona-Krise. Ein Versuch, diese Inflation nun durch noch mehr staatliches Geldverteilen zu bekämpfen, bringt zwar kurzfristig Linderung, sorgt aber langfristig für eine Verschärfung der Situation.