Höhere Strafen, mehr Prävention
Nach dem Fall Teichtmeister kündigt die Regierung ein Paket mit Maßnahmen für den Schutz vor sexueller Gewalt an. Das Wort „Kinderpornografie“verschwindet aus dem Gesetz.
Muss immer etwas passieren, damit etwas passiert? Braucht es einen Fall um einen Prominenten, aktuell um Florian Teichtmeister, damit beim Schutz vor Missbrauch und sexueller Gewalt etwas weitergeht, Maßnahmen umgesetzt werden, die Expertinnen schon lang unermüdlich fordern?
Nein, sagt die Regierung, vieles von dem, was am Mittwoch als Kinderschutzpaket präsentiert wurde, sei seit Monaten verhandelt worden. Nun ist es schnell gegangen. Herausgekommen ist tatsächlich ein umfassendes Paket, für das selbst Gewaltschutz-Expertinnen lobende Worte finden. Vieles aber bleibt trotzdem offen.
Schutzkonzepte
Kinderschutzorganisationen fordern: Jede Bildungseinrichtung, jede Institution, jeder Verein, der mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, soll verpflichtet sein, ein Kinderschutzkonzept vorzulegen, in dem präventive Schritte ebenso festgelegt sind wie Abläufe, was im Fall des Falles passiert. Das kommt nicht. Was kommt: Schulen sollen verpflichtet werden, solche Konzepte zu erstellen. Allerdings nur jene in Bundeskompetenz. Der Gesetzesentwurf soll im ersten Halbjahr 2023 in Begutachtung gehen.
Bildungseinrichtungen in Landeskompetenz, etwa Volksschulen oder Kindergärten, könne man das nicht vorgeben, so die Regierung. Man wolle aber mit den Ländern sprechen. In Wien ist das nicht nötig: Elementarpädagogische Einrichtungen müssen solche Konzepte bis Oktober vorlegen.
Auch für Vereine kommt die Auflage nicht, dafür soll es ein Kinderschutz-Gütesiegel geben. Wer ein Schutzkonzept vorlegt, kann es bei einer Zertifizierungsstelle einreichen und das Sigel beantragen. Diese Zertifizierungsstelle will Justizministerin Alma Zadić (Grüne) ausschreiben lassen, sie soll von einer NGO betrieben werden.
Kampagne
Ebenfalls in Sachen Prävention soll demnächst, wie lang gefordert, eine große Kinderschutz-Kampagne umgesetzt werden. „Kinder müssen wissen, was ihre Rechte sind, was ein Übergriff ist, an wen sie sich wenden können. Wir wissen aus Skandinavien, dass das sehr gut funktioniert“, sagt Zadić.
Höhere Strafen
Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) spricht von „voller Härte gegen Täter“: Dementsprechend werden Strafen erhöht. So soll etwa der Strafrahmen für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen mündiger Minderjähriger von bisher bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf bis zu zwei Jahre erhöht werden.
Bei unmündigen Minderjährigen von bis zu zwei auf bis zu drei Jahre. Der Besitz einer „Vielzahl von Darstellungen“soll zu höheren Strafen führen, wobei das erst genau definiert werden muss. Höher bestraft werden soll, wer Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger herstellt oder anbietet.
Aus dem Gesetz verschwinden soll das Wort „Kinderpornografie“. Die Tatbestände sollen von „pornografische Darstellung“auf „Darstellung von Kindesmissbrauch“geändert werden.
Tätigkeitsverbot
Künftig soll für sämtliche Straftäter, die wegen einschlägiger Delikte zu mehr als einem Jahr Haft verurteilt wurden, ein Verbot gelten, je wieder professionell oder ehrenamtlich mit Kindern oder Jugendlichen zu arbeiten. Bisher galt das nur, wenn jemand zuvor mit Kindern oder Jugendlichen gearbeitet hatte. Dieses Verbot soll künftig nach Verbüßen einer Strafe im Strafregisterauszug aufscheinen.
Ermittlungen
Gestärkt werden soll die Polizei: Im Bundeskriminalamt soll das Cybercrime-Kompetenzzentrum ausgebaut werden, auch mit einer neuen Software zum automatischen Bildabgleich. Außerdem sollen als Teil der laufenden Kriminaldienstreform in den Landeskriminalämtern und in den Regionen Sonderbereiche für Online-Missbrauch geschaffen werden.
Opferschutz
Betroffenen Kindern und Jugendlichen soll schneller und effizienter geholfen werden. Die Familienberatungsstellen erhalten dafür ein Sonderbudget von drei Millionen Euro extra, um Ressourcen explizit für die Betreuung von Betroffenen von sexueller Gewalt zu schaffen.
Informationspflicht
Vereine oder Arbeitgeber sollen informiert werden, wenn jemandem, der mit Kindern oder Jugendlichen arbeitet, Missbrauch vorgeworfen wird. Was hier rechtlich möglich ist, wie oder zu welchem Zeitpunkt im Ermittlungsverfahren diese Informationspflicht greift, das sei noch zu klären, sagt Zadić.