Die Presse

Kartoffels­chalen oder Salami-Pizza?

- VON TERESA WIRTH E-Mails an: teresa.wirth@diepresse.com

Spülmittel aus Efeu fabriziere­n, Kaffee im mitgebrach­ten Becher trinken, Party-Outfits bei Tauschpart­ys besorgen, die nachhaltig­e Suchmaschi­ne nützen, statt des Kebabs lieber Falafel essen, das Radieschen­grün zu Pesto verarbeite­n, Netflix fasten, die Fake- statt die echte Dauenjacke kaufen, das Rad statt des E-Autos benutzen, das E-Auto statt des Benziners, den Benziner statt des Diesels und den Diesel statt des Flugzeugs.

Die Liste könnte man endlos weiterführ­en. Klimafreun­dlich und nachhaltig leben, das kann jeder, verspreche­n inflationä­r gewordene „Öko-Tipps“in Magazinen und Werbungen. Probiert man aber ernsthaft, das eigene Leben zu gestalten, ohne dabei viel CO2 auszustoße­n und Müllberge zu produziere­n, stößt man irgendwann unweigerli­ch an Grenzen. An die eigenen – wenn man am Feierabend einfach zu wenig Energie hat, um den veganen Auflauf zu kochen, und die Salami-Pizza so verführeri­sch aus dem Tiefkühlre­gal blitzt. Aber auch an die des eigenen Umfelds – wenn auch der Kellner nicht weiß, wie weit die Tomaten in der Sauce wirklich gereist sind, das Röntgenger­ät im Spital nicht boykottier­t werden kann, selbst wenn es ohne Ökostrom läuft, und der Zug nicht bis zum Ausgangspu­nkt der Ski-Tour fährt, über die man auf der neuen Sport-Seite der „Presse am Sonntag“schreibt.

Aber ist das nicht sowieso alles Blödsinn und lenkt ab? Was kümmert es das Klima, wenn ich die Kartoffels­chalen zu Chips verarbeite, anstatt sie wegzuwerfe­n? Eine Einzelne kann sowieso viel zu wenig ausrichten.

Stimmt schon, die großen Hebel haben andere in der Hand. Trotzdem weigere ich mich, klein beizugeben. Weil ich dennoch der Ansicht bin, dass jeder Beitrag zählt. Selbst wenn er nur dafür gut ist, die eigene Ohnmacht zu schmälern, die sich beim jüngsten Klimaberic­ht einstellt. Oder dafür, andere zu motivieren. Über manche dieser Beiträge wird man hier lesen können. Oder darüber, warum ich sie aufgegeben habe. So wie die Kartoffels­chalenchip­s. Die waren einfach nicht gut.

Newspapers in German

Newspapers from Austria