Magda Linette aus Polen steht völlig unerwartet im Melbourne-Halbfinale. Über eine seltene Leistungsexplosion.
Melbourne/Wien. Grand-Slam-Turniere bringen immer wieder neue Gesichter hervor. Junge, hochtalentierte Spielerinnen drängen mit ihren kraftvollen Schlägen innerhalb von nur zwei Wochen ins internationale Rampenlicht. Manche bleiben, andere verschwinden genauso schnell, wie sie aufgetaucht sind. Die Geschichte der Magda Linette ist eine andere. Die Polin tourt seit 2009 um die Welt, kennt alle Turniere und Gegnerinnen. In Australien schlägt sie zum 30. Mal bei einem Grand Slam auf, damit fällt man in die Kategorie der Routiniers. Doch diesmal ist vieles, nein, eigentlich alles anders.
Linette steht nach dem 6:3, 7:5 gegen die an Position 30 gesetzte Tschechien Karol na Pl kov erstmals im Halbfinale eines Majors. Der Erfolg gegen die Tschechin war der bereits vierte in Folge gegen eine gesetzte Kontrahentin. Zuvor hatte Linette, die in der Rangliste auf Platz 45 gereiht wird, bereits Caroline Garcia (4), Jekaterina Alexandrova (19) und Anett Kontaveit (16) aus dem Turnier geworfen. Linette ist erst die dritte Polin in der Profi-Ära nach Agnieszka Radwanska und Iga Swiatek im Halbfinale der Australian Open.
„Ich bin einfach nur glücklich“, sagte die 30-Jährige nach dem Viertelfinale. „Das werde ich niemals vergessen. Das bleibt ein Leben lang.“Dass ausgerechnet Linette zur Sensationsfrau dieses
Turniers avancieren könnte, hatte sich nicht abgezeichnet. Bei Grand Slams war die zweite Turnierwoche bislang stets unerreichbar. Gleich sechsmal scheiterte Linette in der dritten Runde. Und in Melbourne hatte sie bei zuvor sechs Teilnahmen im Hauptbewerb nur drei Matches gewonnen.
Geliebte Außenseiterrolle
Jetzt aber schwimmt Linette nahe dem durch Melbourne fließenden Yarra River auf der Welle des Erfolgs. Ob im heutigen Halbfinale (10.45 Uhr, live, Eurosport) gegen die Weltranglistenfünfte Aryna Sabalenka der nächste Coup gelingen könnte? Die Rechtshänderin aus Posen ist gewiss Außenseiterin. Das war sie aber in den vier
Spielen zuvor auch schon. „Ich werde einfach das versuchen zu tun, was ich schon das ganze Turnier über tue“, sagte Linette, die die Hoffnungen Polens auf einen Turniersieg weiter am Leben hält. Denn das Aushängeschild des Landes, die Weltranglistenerste Swiatek, hatte sich im Achtelfinale überraschend früh verabschiedet.
Linette genießt den Vorteil, unbeschwert spielen zu können. Jeder weitere Sieg wäre eine weitere Sensation. Sabalenka hatte man schon vor dem Turnier zum engsten Favoritenkreis gezählt. Die Belarussin steht zum vierten Mal im Halbfinale eines Grand Slams (Wimbledon, zweimal US Open), der Schritt ins Endspiel gelang ihr aber noch nie.
Sabalenka ist im Jahr 2023 noch ungeschlagen. Im Rahmen der Vorbereitung auf die Australian Open gewann die 24-Jährige das Turnier in Adelaide. Auch in Melbourne präsentierte sie sich bislang in bestechender Form. Sabalenka blieb in ihren fünf bisherigen Matches ohne Satzverlust. Das hinterlässt Eindruck.
Der deutliche 6:3, 6:2-Sieg im Australian-Open-Viertelfinale über die Kroatin Donna Veki dürfte ihr zusätzliches Selbstvertrauen eingebracht haben. Denn Veki , gegen die sie fünf der sechs vorherigen Duelle verloren hatte, war bislang eine von Sabalenkas Angstgegnerinnen gewesen. „Ich bin super glücklich mit dem Sieg, es kann weitergehen.“(cg)