Die vielen Unruheherde, die Bayern München plagen
Joshua Kimmich bemängelt die Einstellung der Kollegen. Die Ausbootung des Neuer-Intimus deutet auf einen internen Machtkampf hin.
An der Säbener Straße hängt trotz Tabellenführung der Haussegen schief. Mehr als das 1:1 gegen den 1. FC Köln, der zweite Punktverlust im Frühjahr in Folge nach dem Remis gegen RB Leipzig, machten das die Wortmeldungen nach Schlusspfiff deutlich. Joshua Kimmich, der per Kunstschuss in der 86. Minute zum Retter avanciert war, kritisierte offen Herangehensweise und Bereitschaft seiner Kollegen. „Für mich ist es eine Einstellungssache. Wir müssen gieriger und griffiger auftreten“, sagte der 27-Jährige, der in Abwesenheit des verletzten Manuel Neuer als Kapitän fungiert.
Sportdirektor Hasan Salihamidžić teilte die Einschätzung und forderte, „dass wir begreifen, dass es jetzt um die Meisterschaft geht“. Auf konkrete Nachfrage, ob das also einzelne Bayern-Spieler noch nicht getan hätten, sagte er klipp und klar: „Ja, das Gefühl habe ich.“Mit Sicherheit gemeint ist damit Serge Gnabry. Der DFB-Teamspieler jettete trotz englischer Woche am freien Tag zur Fashion Week in
Paris und zog sich damit den Unmut der Bayern-Führung zu. „Das ist amateurhaft, genau das, was nicht Bayern München ist“, schimpfte Salihamidžić. „Ein freier Tag gehört dazu, um sich auszuruhen, um dann beim nächsten Spiel Gas geben zu können.“Auch Trainer Julian Nagelsmann hatte Gnabry öffentlich angezählt, ihn aber dennoch in der Startelf aufgeboten – und nach 45 Minuten genug gesehen.
Zukunftsplanung ohne Neuer?
Doch nicht nur das Geschehen auf dem Rasen sorgt für Aufruhr. Dass sich Bayern ausgerechnet in einer Phase, in der mit Neuer die Nummer eins wegen eines bei einer Skitour erlittenen Beinbruchs fehlt, von Tormanntrainer Toni Tapalović trennt, wird als deutliches Zeichen für eine Zukunftsplanung ohne den Stammkapitän gewertet, obgleich Nagelsmann bedacht darauf war, genau das zu dementieren. „Das ist keine Entscheidung gegen Manuel Neuer – das ist wichtig“, erklärte der Coach. „Dieses Miteinander ist nie so entstanden, wie wir Verantwortlichen uns das vorstellen, deswegen haben wir den Schritt vollzogen.“
Klar ist aber auch, dass Nagelsmann schon bei seinem Amtsantritt eigentlich seinen eigenen Tormanntrainer installieren wollte, jedoch nicht gegen das langjährige Duo Neuer-Tapalović ankam. Deren inniges Verhältnis wurde in
Neuers Verabschiedung via Social Media („großartiger Mensch“, „ich werde dich vermissen“) deutlich.
Allerdings dürfte im Zuge seines Ausfalls offenkundig geworden sein, dass das bislang voll auf den fünfmaligen Welttorhüter zugeschnitte Training (zu) wenig Platz für Neues lässt. So sagte Kronprinz Alexander Nübel, derzeit an AS Monaco verliehen, ab und beklagte den mangelhaften Austausch mit Tapalović. Letztlich kaufte Bayern um acht Millionen Euro Yann Sommer extern zu. Damit wurde zwar sportlich eine Lösung gefunden, ob Routinier Neuer (Vertrag bis 2024) die Absetzung seines Vertrauten so auf sich sitzen lässt, ist aber mehr als fraglich.
ÖFB-Rochade steht bevor
Auf anderer Position dürfte Bayern sich entschieden haben: Laut „Kicker“ist der ablösefreie Wechsel von Konrad Laimer von Leipzig im Sommer beschlossene Sache. Der 25-Jährige gab im Frühjahr sein Comeback nach Syndesmosebandriss, Nagelsmann kennt seine Qualitäten aus gemeinsamen RBTagen. Laimer wird im Mittelfeldzentrum mit Kimmich und Leon Goretzka um Einsatzzeit rittern, etwas, das ÖFB-Kollege Marcel Sabitzer zuletzt zweimal nicht mehr gelang. Der 28-Jährige hat weniger als die Hälfte der möglichen Spielminuten absolviert und wird nach dieser Saison wohl Platz für Laimer machen müssen. (swi)