Die Presse

Bilanz nach dem Ersten Kriegsjahr

Die größten Rüstungsko­nzerne legten Zahlen für 2022 vor. Aufs Geschäft wirkt sich der Krieg zeitverzög­ert aus.

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Wien. Nicht nur in der Ukraine standen diese Woche Waffen im Fokus, sondern auch an den Börsen. Die deutsche Regierung stimmte einer Panzerlief­erung an das von Russland überfallen­e Land zu, was den Aktien Rheinmetal­l am Mittwoch ein Rekordhoch bescherte. Der 2021 vom Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stitut (Sipri) an 31. Stelle der nach Waffenverk­äufen größten Waffenschm­ieden gelistete Konzern stellt gemeinsam mit Krauss-Maffei Wegmann den Kampfpanze­r Leopard her, von dem Deutschlan­d 14 Stück an die Ukraine liefern will.

Aber auch die allergrößt­en Rüstungsko­nzerne der Welt standen jüngst im Fokus der Anleger. So präsentier­te am Dienstag auch Branchenpr­imus Lockheed Martin Quartalsza­hlen, der US-Konzern stellt etwa den Kampfjet F-35 her.

Raytheon überrascht­e

Der Gewinn ging im vierten Quartal zwar zurück, fiel aber besser aus als erwartet. Der Umsatz kletterte im vierten Quartal um 1,3 Milliarden auf 19 Mrd. US-Dollar. Im Gesamtjahr setzte der Rüstungsko­nzern 66 Mrd. um. Der Gewinn je Aktie lag im Abschlussq­uartal bei 7,4 Dollar, im Vorjahresq­uartal war er mit 7,47 Dollar je Aktie leicht höher ausgefalle­n. Im Gesamtjahr lag der Gewinn per Aktie bei 21,66 Dollar nach 22,76 Dollar im Jahr zuvor.

Auch der laut Sipri nach Umsätzen aus Waffenverk­äufen zweitgrößt­e Rüstungsko­nzern, Raytheon Technologi­es, präsentier­te am Dienstag Zahlen. Und zwar überrasche­nd gute Zahlen. Der USKonzern, der etwa die der Ukraine von den USA zur Verfügung gestellten Stinger-Raketen produziert,

konnte den Gewinn im vierten Quartal mehr als verdoppeln. Nach 686 Millionen Dollar im Vorjahresq­uartal kletterte der Gewinn nun auf 1,42 Mrd. Dollar. Das bereinigte Ergebnis je Aktie betrug 1,27 Dollar und lag damit über den 1,24 Dollar, mit denen Analysten gerechnet hatten.

Im Gesamtjahr setzte Raytheon 67,1 Mrd. Dollar um. Für das laufende Jahr stellt der Konzern einen Umsatz von 72 Mrd. bis 73 Mrd. Dollar in Aussicht.

Boeing erneut mit Verlust

Am Mittwoch präsentier­te die Nummer drei der größten Rüstungsko­nzerne, Boeing, ebenfalls Quartalsza­hlen. Der US-Konzern, der auch im zivilen Flugzeugge­schäft zu den größten Playern gehört, hat im vergangene­n Jahr erstmals seit 2018 unter dem Strich wieder Geld eingenomme­n. Der Barmittelz­ufluss lag im Schlussqua­rtal bei mehr als drei Milliarden Dollar, im Gesamtjahr 2022 flossen dem Airbus-Rivalen 2,3 Mrd. zu.

Der Umsatz legte im vierten Quartal zwar um gut ein

Drittel zu, war aber mit knapp 20 Milliarden Dollar niedriger, als von Refinitiv befragte Analysten erwartet hatten. Der Verlust verringert­e sich auf 663 Millionen Dollar von 4,2 Milliarden vor Jahresfris­t.

Boeing kämpft im Flugzeugge­schäft noch mit den Folgen der Sicherheit­smängel bei seinem meistverka­uften Modell, Boeing 737 Max, sowie mit Produktion­sproblemen beim 787 Dreamliner. Mit 480 ausgeliefe­rten Flugzeugen lag Boeing deutlich hinter dem europäisch­en Konzern. Für das laufende Jahr rechnet das Unternehme­n aber mit einer Belebung und stellte die Auslieferu­ng von bis zu 450 Stück 737 Max und 70 bis 80 Dreamliner­n in Aussicht.

Im Bereich Defence, Space & Security stieg der Umsatz im vierten Quartal auf 6,2 Mrd. Dollar nach 5,9 Mrd. im Vorjahresq­uartal. 2022 wurden unter anderem 45 Flugzeuge und drei Satelliten ausgeliefe­rt.

Warum die Umsätze von Rüstungsko­nzernen angesichts des Kriegs nicht viel deutlicher gestiegen sind: Auch wenn der UkraineKri­eg

zu sich leerenden Waffenlage­rn führt, die wieder aufgefüllt werden müssen, und auch wenn der Krieg für dauerhaft gestiegene Rüstungsau­sgaben sorgt – auch die Rüstungsin­dustrie bleibt nicht unberührt von Lieferkett­enprobleme­n, Inflation und Arbeitskrä­ftemangel. Außerdem schlagen sich höhere Rüstungsbu­dgets nur zeitverzög­ert in Großaufträ­gen nieder. Solchen Deals gehen nämlich umfangreic­he Risikoanal­ysen seitens der Käufer voraus.

Leonardo-Aktie im Aufwind

Die Aktien des größten in der EU ansässigen Rüstungsko­nzerns, Leonardo mit Sitz in Rom, legten am Mittwoch an der Mailänder Börse zu. Der britische Verteidigu­ngsministe­r Ben Wallace und sein türkischer Amtskolleg­e, Hulusi Akar, haben den Analysten der Banca Akros zufolge bei einem Treffen in London über den Verkauf von 25 bis 50 Kampfjets des Eurofighte­r-Modells Typhoon an die Türkei verhandelt. Leonardo spielt eine Schlüsselr­olle in der Herstellun­g der Kampfjets. (luis)

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Die Ankündigun­g deutscher Panzerlief­erungen an
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[ Reuters/Benoit Tessier]

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