Haydns „Orfeo“, extra für Wien adaptiert
Adam Fischer dirigierte die Oper in einer von ihm ergänzten Version im Museumsquartier. Spannend.
Erst 1951 wurde Haydns späte Oper „Orfeo ed Euridice“uraufgeführt: beim Maggio Musicale Fiorentino, mit Erich Kleiber am Pult und der Callas als Euridice. Dass sie zu Haydns Lebzeiten nicht realisiert werden konnte, lag an der Politik: Englands König, Georg III., versagte dem Impresario Gallini die Lizenz für dessen neues Opernhaus. So blieb dieses Werk unvollendet, mit offenen Fragen wie: Wollte Haydn eine vier- oder fünfaktige Oper? Wie wünschte er sich den Schluss?
Nicht nur deshalb hat diese Vertonung des Orpheus-Themas nicht den Weg ins Repertoire gefunden. Das liegt wohl auch am mehr wortreichen als gehaltvollen Text von Carlo Francesco Bandini und daran, dass Haydn nicht Operndramatiker genug war, um dieses Sujet entsprechend umzusetzen.
Hochkarätig: Der Schoenberg Chor
Doch es ist seine einzige große ChorOper. Das war ein wesentlicher Grund für diese konzertante Aufführung. Denn welches Opernhaus verfügt schon über ein so hochkarätiges Vokalensemble wie das Theater an der Wien? Der Arnold Schoenberg Chor, durch jahrzehntelange Arbeit mit Harnoncourt auch in der Wiener Klassik höchst kompetent, wurde seinem Ruf völlig gerecht. So elegant phrasiert, so klar artikuliert, so durchsichtig können nur wenige Chöre diesen Part gestalten.
So waren die Choristen die eigentlichen Stars des Abends. Die Hauptrollen waren mit dem kurzfristig eingesprungenen Kenneth Tarver (Orfeo), der wiederholt gegen die technischen Anforderungen ihrer Rolle ankämpfenden Alicia Amo (Genio), dem unterschiedlich profunden David Jerusalem (Creonte/Pluto) und der sie alle souverän überragenden, koloratursicheren Emöke Baráth (Euridice) nicht durchgehend überzeugend besetzt.
Die Seele des Abends aber war Adam Fischer, ein Haydn-Kenner von Graden. Er sorgte an der Spitze des ihm engagiert folgenden Danish Chamber Orchestra für eine impulsive, stets spannende Aufführung, war allen Protagonisten ein idealer Partner. Von ihm kam auch die Idee, diese Oper so zu ergänzen, dass sie sich am Ende wie ein stimmiges Ganzes ausnimmt: Um die Dramatik zu verstärken, fügte er einen Chor aus Haydns wenig bekanntem Oratorium „Il ritorno di Tobia“ein und schloss an den Finalchor den markanten „Terremoto“-Abschnitt aus den „Sieben Worten unseres Erlösers am Kreuze“an. Hätte man es nicht gewusst, wäre einem nicht in den Sinn gekommen, dass diese Konzeption nicht vom Komponisten selbst stammt.