Keine Bakterien im Mutterleib
Wie steril ist die Gebärmutter? Ein neuer Beitrag zu dieser Debatte zeigt auch, wie wenig wir übers Immunsystem wissen.
Wie sündhaft wir geboren werden, darüber mögen Theologen streiten. Für Biologen und Mediziner zugänglicher ist die Frage: Sind Babys bereits im Mutterleib von Bakterien besiedelt? Nein, sagen die meisten Forscher: Die Gebärmutter sei eine sterile Umgebung für den Embryo, das Kind komme im Geburtskanal erstmals mit Bakterien in Kontakt. Doch in den letzten Jahren sind Studien erschienen, die diese Lehrmeinung infrage stellen: Sie ergaben die Anwesenheit von Bakterien in Proben aus der Plazenta und aus dem Fruchtwasser.
Das bezweifelt nun eine Arbeit von Forschern um Jens Walter (Cork), beteiligt war auch Thomas Rattei, Bioinformatiker an der Uni Wien. Sie erklären in Nature, die detektierten Spuren seien „wahrscheinlich das Ergebnis von Verunreinigung“, die „bei den klinischen Prozeduren zur Gewinnung fötaler Proben oder bei der Extraktion und Sequenzierung von DNA“passiert sei. Das sei eben die Tücke („pitfall“) an Analysen, die die Anwesenheit sehr geringer Mengen von Mikroorganismen messen. Auch sei die Existenz mikrobieller Populationen in gesunden fötalen Geweben „mit fundamentalen Konzepten der Immunologie und der klinischen Mikrobiologie nicht vereinbar“. Es sei wesentlich, dass keine viralen oder bakteriellen Pathogene von der Mutter die Barriere der Plazenta durchdringen und den Fötus infizieren können.
Bleibt die Frage, die die Autoren selbst stellen: Wie kann der Fötus sein Immunsystem entwickeln, ohne mit lebenden Bakterien konfrontiert zu sein? Reichen von den Bakterien der Mutter stammende Moleküle, die sehr wohl durch die plazentale Schranke dringen, fürs pränatale Immuntraining? Denn, so viel steht fest: Neugeborene sind nicht, wie die Forscher sagen, „immunologisch naiv“, ihr Immunsystem ist bereits auf die mikrobielle Umwelt vorbereitet. (tk)