Kreml verbietet unabhängige Onlineplattform
Das russische Internetmedium Medusa praktizierte unvoreingenommenen Journalismus. Nun wurde es zur „unerwünschten Organisation“erklärt.
Seit 2021 hatte das populäre russische Onlineportal Medusa den wenig begehrenswerten Status eines „ausländischen Agenten“. Das erschwerte die Arbeit in Russland, schloss sie aber nicht aus. Der jüngste Schritt der Behörden, die Einstufung als „unerwünschte Organisation“, bedeutet das Verbot des Mediums. Wer Links teilt (oder früher geteilt hat), macht sich strafbar. Wer mit Medusa kooperiert oder das Projekt unterstützt, umso mehr. Dem Portal, das sich im letzten Jahrzehnt zum liberal-demokratischen Leitmedium in Russland mauserte, wird unterstellt, eine Gefahr für die verfassungsmäßige Ordnung zu sein. Das ist absurd. Der Schritt illustriert vielmehr die Absicht des Kreml, unabhängigen Journalismus vollkommen zu verunmöglichen.
Faktencheck und Recherche
Medusa zeichnete sich durch einen unvoreingenommenen und emphatischen Zugang aus. Es war immer mehr als ein Oppositionsmedium, Faktencheck und Recherche waren selbstverständlich. Das Projekt wurde 2014 von Galina Timtschenko gegründet, nachdem sie als Chefredakteurin des einst beliebten Onlinemediums Lenta.ru entlassen worden war. Anlass war damals bezeichnenderweise die Ukraine-Berichterstattung. Auch jetzt benennt Medusa die russische UkraineInvasion als Krieg.
Das Verbot in Russland bedeutet nicht das Aus für das Medium, das viele Inhalte auch in englische Sprache übersetzt sowie Podcasts produziert. Medusa ist mit Firmensitz in Riga auf Repression vorbereitet. Die Redaktion will weitermachen. Usern in Russland rät man zu Vorsicht und erlaubt sich Humor: „Medusa zu lesen ist zum Glück noch nicht verboten.“