Der Pfad zum olympischen Freerider
Auf und vor allem auch abseits der Steilhänge waren Österreichs beste Tiefschnee-Athleten stets auf sich selbst gestellt. Mit Valentin Rainer könnte sich das nun ändern.
Wo sonst die spanische Königsfamilie zum Skiurlaub residiert, haben dieser Tage die Freerider das Sagen. In Baqueira-Beret im äußersten Norden Kataloniens fällt am Sonntag der Startschuss für die Freeride World Tour (ab 12.30 Uhr, live freerideworldtour.com). Im größten Skigebiet Spaniens erneut mit von der Partie ist Valentin Rainer aus Mils bei Imst. Der 24-Jährige hat sich durch die Qualifikation gekämpft und ist einer von nur zwei Österreichern im diesjährigen Starterfeld der prestigeträchtigen Wettkampfserie.
Denn nach wie vor ist die Skination auf der Tour der besten Geländefahrer unterrepräsentiert. Rainer aber ist auch Sinnbild eines Aufschwungs, ein Vorgeschmack darauf, dass schon bald mehr Österreicher in den Steilhängen den Ton angeben könnten.
Der Tiroler ist sozusagen Musterschüler von Stefan Häusl, dem österreichischen Freeride-Pionier, der auch nach seiner Karriere eine Vorreiterrolle übernommen hat. Häusl hat unter dem Dach des Arlberger Skiklubs den heimischen Tiefschneenachwuchs unter seine Fittiche genommen – ein rot-weißrotes Pilotprojekt. Denn während die USA, Frankreich oder Schweden, ja sogar Neuseeland seit Jahren über funktionierende FreerideTeams und eine große JuniorenWettkampfszene verfügen, tat sich hierzulande wenig.
Der Sprung in die Elite
Valentin Rainer ergriff die einmalige Chance. Der frühere Rennläufer heuerte bei Häusl an, lernte, wie man sich im freien Gelände zu bewegen hat, wie man seine Linien richtig wählt, auch, wie man bei Sponsoren anklopft. Bei Rainers Durchmarsch in die Freeride World Tour gab der 46-jährige Häusl den Mentor. „So eine Ansprechperson zu haben, ist schon super.“In Innsbruck haben erfahrene Profis ein ähnliches Projekt gestartet, es tut sich etwas in der rot-weiß-roten Freeride-Szene. „Österreich ist einfach eine Skination, der FreerideSport wird sich genauso etablieren wie alle anderen Skisportarten“, sagt Rainer. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Österreich unter den Topnationen ist.“
Bis dahin bleiben Rainer und der Vorarlberger Max Hitzig, im Vorjahr Sensationssieger in Fieberbrunn, die rot-weiß-roten Alleinunterhalter. Um den Sprung in die Freeride-Elite zu schaffen, ist der einzelne Athlet aber ohnehin auf sich selbst gestellt. Rainer etwa hat in den Quali-Bewerben seine Läufe allesamt auf den Punkt gebracht. Nur vier Startplätze werden so für die World Tour vergeben, gut und gern 30 Fahrer aber kommen von ihrem Potenzial her dafür infrage. „Da kann man sich vorstellen, wie es zur Sache geht“, sagt Rainer.
Um aufzufallen, wird viel Risiko genommen, das Niveau steigt von Winter zu Winter.
Auch abseits der Steilhänge sind Rainer und Co. noch auf Solopfaden unterwegs. Reisen, Sponsoren, Vermarktung, alles ist auf eigene Faust zu organisieren. Neben Resultaten braucht es Reichweite, Bilder und Videos, um für Geldgeber interessant zu bleiben. Kommt dann ein schneearmer
Österreich ist einfach eine Skination. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir unter den Topnationen sind. Valentin Rainer Freeride-Profi
Winter wie heuer, wird alles umso schwieriger. „Da stecken viel Arbeit und Zeit dahinter. Von selber kommt da gar nichts“, sagt Rainer, der mit Landsmann Hitzig die Zuschauer in diesem Winter auf das Tourleben mitnimmt, die Kamera ist stets dabei (YouTube-Serie „Decide to Ride“). „Andererseits auch schön, dass du die Freiheiten hast und selbst planen kannst.“
Diesen Freiheiten könnte es schon bald an den Kragen gehen. Die Freeride World Tour fusioniert mit dem internationalen Skiverband FIS. Die Folgen sind noch nicht absehbar. Doch für die Freerider könnte damit auch die Tür zu den Olympischen Spielen aufgehen, und bei dieser Aussicht horcht selbst die sonst so verbandskritische und freiheitsliebende Szene auf. Rainer meint: „Das wäre schon ein riesiges Ziel, da einmal dabei zu sein.“