Die Presse

Trotz Preisbrems­e viele Tücken bei Strompreis

Seit Dezember gilt die staatliche Strompreis­bremse, die bei den meisten heimischen Haushalten den Großteil der Stromkoste­n deckelt. Wenn Kunden ihre Tarifdetai­ls jedoch nicht im Blick haben, drohen dennoch unnötige Mehrkosten.

- VON JAKOB ZIRM

Drei bis vier Milliarden Euro soll die Strompreis­bremse in Summe kosten, die von der Bundesregi­erung im Vorjahr beschlosse­n und per Anfang Dezember 2022 in Kraft getreten ist. Es handelt sich damit um eine der wichtigste­n Maßnahmen der Politik in dem Bemühen, die aktuelle Teuerungsw­elle für die Bürger abzumilder­n. Die meisten Stromkunde­n dürften die bis Juni 2024 laufende Regelung, wonach der Großteil des durchschni­ttlichen Jahresverb­rauchs gedeckelt ist, dankend zur Kenntnis genommen haben und sich seither wieder wenig Gedanken um ihren Stromvertr­ag machen. Dies kann jedoch ein Fehler sein, der zu unnötigen Mehrkosten führt.

1 Warum hat der Preisvergl­eich trotz Strompreis­bremse Sinn?

Durch die Strompreis­bremse soll der Grundverbr­auch der Haushalte auf das Niveau von vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs begrenzt werden. Dazu werden die ersten 2900 Kilowattst­unden pro Jahr auf den Preis von netto zehn Cent je kWh gedeckelt. Die Differenz zwischen Strompreis des Anbieters und Deckelprei­s trägt der Staat. Allerdings beträgt der maximale Zuschuss je kWh 30 Cent. Das bedeutet: Wer einen Vertrag mit einem Nettopreis von über 40 Cent je kWh hat, zahlt auch bei den bezuschuss­ten 2900 Kilowattst­unden mehr. Liegt der Preis etwa bei 50 Cent je Kilowattst­unde, sind das 290 Euro netto pro Jahr mehr. Noch gravierend­er ist der vom Anbieter verrechnet­e Marktpreis bei dem Verbrauch, der über 2900 kWh liegt – im Schnitt verbrauche­n Haushalte in Österreich 3500 kWh pro Jahr. So zahlt dieser Durchschni­ttshaushal­t bei einem Beispielpr­eis von 40 Cent je kWh 290 Euro für die gedeckelte­n 2900 Kilowattst­unden und 240 Euro für die 600 ungedeckel­ten Kilowattst­unden. Hinzu kommen dann noch Steuern und Netzgebühr­en.

Stromkunde­n sollten daher überprüfen, ob sie über oder unter der Deckelgren­ze von 2900 kWh liegen. Und danach auf den Preis je Kilowattst­unde schauen, den ihr Anbieter verrechnet. Dieser sollte keinesfall­s über 40 Cent netto liegen. „Bei einem Verbrauch von über 2900 kWh sollte man sehr genau auf den Kilowattst­undenpreis achten. Aber auch darunter ist es nicht egal. Denn es ist ja nicht sinnvoll, wenn der Staat unnötig Steuergeld ausgibt“, sagt dazu Johannes Mayer von der E-Control.

2 Gibt es derzeit überhaupt Angebote für wechselwil­lige Kunden?

Bis vor Kurzem waren jegliche Überlegung­en, den Stromanbie­ter zu wechseln, Makulatur. Die Angebote für Neukunden lagen weit über den bestehende­n Verträgen. Und seit dem Bekanntwer­den der Strompreis­bremse im Herbst haben viele Anbieter ihre Preise genau auf die maximal geförderte­n 40 Cent je kWh gehoben. Dieses Bild hat sich jedoch wieder gewandelt. Für rund ein Viertel aller Haushalte kann sich ein Anbieterwe­chsel wieder auszahlen, heißt es beim Vergleichs­portal Durchblick­er.

Zwar liegt der Medianprei­s für Neukunden laut Tarifkalku­lator der E-Control nach wie vor bei etwas über 40 Cent je kWh (siehe Grafik). Einige Anbieter unterbiete­n dies jedoch wieder deutlich. „Die besten Angebote liegen bei 26 bis 27 Cent“, so Stefan Spiegelhof­er von Durchblick­er.

3 Sollte man also so schnell wie möglich den Anbieter wechseln?

Die Antwort ist hier zwiespälti­g. Grund dafür ist, dass bei den meisten Angeboten eine Bindung auf zwölf Monate vorgesehen ist. Und die Tendenz bei den Großhandel­spreisen geht derzeit weiter nach unten. Zuletzt war auf dem Spotmarkt die Megawattst­unde für 145 Euro zu haben – das entspricht 14,5 Cent je Kilowattst­unde. Es sei daher anzunehmen, dass sich auch bei den Endkundenp­reisen in den kommenden zwei bis drei Monaten noch etwas nach unten bewege, so Mayer von der E-Control. Ein Endkundenp­reis rund um 20 Cent wäre ein „gutes Angebot“.

4 Was passiert mit der Preisbrems­e, wenn man unterjähri­g wechselt?

Die 2900 gedeckelte­n Kilowattst­unden werden dabei aliquot aufgeteilt. Je nachdem, wie viel Zeit seit Anfang Dezember verstriche­n ist, entfallen Teile des gedeckelte­n Verbrauchs auf den alten und Teile auf den neuen Anbieter. Bei einem hohen Verbrauch kann in der Endabrechn­ung mit dem Altanbiete­r also schon der Marktpreis anfallen, obwohl die 2900 Kilowattst­unden noch nicht erreicht wurden.

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Foto: Getty Images · Quelle: E-Control · Grafik: „Die Presse“· PW

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