Immobilienpreise: Es geht bergab
Die Nationalbank meldet den stärksten Rückgang seit 2011. Was das für den Mietmarkt bedeutet.
Wien. Es ist der größte Preisrückgang auf dem Immobilienmarkt seit mehr als einer Dekade. Nach 18 Jahren Boom markiert das Jahr 2022 eine Kehrtwende. Während in der ersten Jahreshälfte Preisanstiege noch neue Rekorde verbuchten, kam es in der zweiten zunächst zum Stillstand. Schließlich verzeichneten die Preise für Wohneigentum im vierten Quartal 2022 den stärksten Quartalsrückgang seit Anfang 2011. Laut den Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verbilligten sie sich um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorquartal.
1 Handelt es sich um eine Immobilienblase, die jetzt platzt?
Die OeNB warnte immer wieder vor einer Überhitzung auf dem Markt. Zuletzt sah sie eine landesweite Überbewertung von 39 Prozent. Grund für die aufgeheizte Lage waren vor allem niedrige Zinsen, die Investitionen in Häuser und Wohnungen extrem günstig machten. Nun verliere der Markt an Höhe und auch an potenzieller Überbewertung, sagt Matthias Reith, Analyst der Raiffeisen Bank International. „Ein Sturzflug dürfte ausbleiben.“Gegen eine harte Landung spreche das Zusammenspiel aus fundamentaler Nachfrage und fundamentalem Angebot. Mit demografischer Zuwanderung wachse auch der Bedarf nach Wohnraum. Laut Statistik Austria wird die Zahl der Haushalte bis 2030 um 0,6 Prozent pro Jahr wachsen. Gleichzeitig wird nicht mehr so viel gebaut wie früher. „Zwar wurden in den Jahren 2017 bis 2021 mehr neue Wohneinheiten fertiggestellt, als im jeweiligen Jahr benötigt worden sind.“Jedoch wurde damit aber nur der Nachfrageüberhang aus den Jahren zuvor (2013 bis 2016) abgebaut. Der Markt befinde sich in etwa im Gleichgewicht. Daran sollte sich in den kommenden Jahren mit erwarteten zehn Fertigstellungen pro 1000 Haushalten nichts Grundlegendes ändern.
2 Werden die Immobilienpreise noch weiter fallen?
Branchenexperten sprechen derzeit von einer Konsolidierung. RBI-Analyst Reith erwartet für heuer und nächstes Jahr „merkbare nominale Preisrückgänge von bis zu fünf Prozent p. a. und damit die ersten Rückgänge auf Gesamtjahressicht seit 2004“. Legt die Inflation im Jahr 2023 (sechs Prozent) wie auch 2024 (drei Prozent) zu, ergeben sich daraus fühlbare reale Preisrückgänge, eventuell sogar im zweistelligen Bereich, sagt Reith. Dennoch beläuft sich der seit Anfang 2020 verzeichnete Preisanstieg immer noch auf 28 Prozent. Auch nach der erwarteten Korrektur in den kommenden Jahren dürfte Wohneigentum somit teurer bleiben als vor der Pandemie. Eine nachhaltige Preiskorrektur erwartet der Analyst nicht.
3 Welche Auswirkungen hat der Preisrückgang auf den Mietermarkt?
Variable Immobilienkreditzinsen dürften bereits in der ersten Jahreshälfte auf etwa fünf Prozent klettern, heißt es in der RBIPrognose. Bei einem kreditfinanzierten Erwerb eines Einfamilienhauses im laufenden Jahr belaufen sich die Ausgaben für Zins und Tilgung damit auf 47 Prozent eines durchschnittlichen monatlichen NettoHaushaltseinkommens (Beleihungsquote 90 Prozent, 30 Jahre Laufzeit). Im Jahr 2022 lag die Belastung bei 34 Prozent des Einkommens und 2021 bei 30 Prozent. Profiteur dieser Entwicklung sind Vermieter. „Wir stehen vor Jahren mit deutlich steigenden Bruttomieten“, sagt Reith. Grund dafür sind die Inflationsanpassung und die stärkere Nachfrage. In Deutschland legten die inserierten Kaufpreise schon deutlich weniger zu als die Mieten. Andererseits werden gemäß OeNB die nominalen Netto-Haushaltseinkommen zwischen 2022 und 2025 um nicht weniger als 20 Prozent steigen. Damit nimmt die monatliche Belastung für eine Kredittilgung ab, aber auch teurere Mieten werden leistbarer.