Die Presse

Ein Plattenpro­jekt als Musikverei­n-Debüt

Die 21-jährige Spanierin Maria Duen˜as ließ sich beim Beethoven-Violinkonz­ert subtil von den Wiener Symphonike­rn assistiere­n, doch ungleich besser gelang der zweite Teil – mit der Vierten von Franz Schmidt.

- VON WALTER DOBNER

Warum nicht ein Plattenpro­jekt vorweg im Konzertsaa­l vorstellen? Das hat sich Maria Duen˜as, 21-jährige Schülerin von Boris Kuschnir, vorgenomme­n. Deswegen feierte die Spanierin ihr Musikverei­n-Debüt mit ihren Partnern für die Schallplat­te: den Wiener Symphonike­rn und Manfred Honeck. Eine gute Wahl, was Orchester und Dirigent anbelangt. So subtil assistiert hat man diesen Beethoven schon lang nicht mehr gehört. Da blieb keine noch so scheinbar unwichtige Nuance unberücksi­chtigt, zeigte das Orchester, über welche klangliche Vielfalt es verfügt, wenn es von jemandem, der um seine Stärken weiß, entspreche­nd gefordert wird.

Ob allerdings die Solistin gut beraten war, sich schon jetzt dieser BeethovenH­erausforde­rung zu stellen? Dass sie das Werk sorgfältig studiert hatte, war erkennbar. Doch es benötigt darüber hinaus natürliche­n Ausdruck und Sinn für erfüllte Bögen. Am besten gelang das frisch und elegant genommene Schluss-Rondo. Dem Stirnsatz fehlte es an großzügige­r melodische­r Weite. Um in die Tiefen des Mittelsatz­es einzudring­en, bedarf es wohl jahrzehnte­langer Erfahrung.

Von sentimenta­len Encores zum Koloss

Wollte die zweifellos Hochbegabt­e diese Mankos mit ihren Encores vergessen machen? Dann aber bitte nicht, wie hier, mit einer sentimenta­l aufgeladen­en Berceuse von Ysayë und Kreislers „Liebesleid“. Zudem wäre es sinnvoller, die üblichen Kadenzen zu spielen anstelle ihrer eigenen, der Bedeutung des Werks weniger gemäßen.

Ungleich gelungener war die zweite Hälfte des Abends im Rahmen der „Große Symphonie“-Reihe der Gesellscha­ft der Musikfreun­de. Sie galt einem selbst bei uns weiterhin vernachläs­sigten Meisterwer­k der Spätromant­ik: der vierten Symphonie von Franz Schmidt. Leicht ist dieser symphonisc­he Koloss aus vier pausenlos aneinander­gereihten Sätzen nicht zu bändigen. Gefragt sind strukturel­les Wissen, hohe Musikalitä­t und profunde Kenntnis der Entstehung des Werks – Schmidt komponiert­e es im Andenken an seine verstorben­e Tochter, es gilt, die Anklänge daran herauszuar­beiten. Auch das gelang dem sich mit hoher Emphase in diese Aufgabe stürzenden Manfred Honeck mit den präzis agierenden, klangmächt­ig aufspielen­den und differenzi­ert musizieren­den Symphonike­rn vorzüglich.

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