„Falco war der Wahrheit verhaftet“
Zu Falcos 25. Todestag erscheint eine neue Edition seines ersten Albums „Einzelhaft“. Die „Presse“sprach mit Robert Ponger, der die Musik dafür geschrieben hat.
Mit „Einzelhaft“begann 1982 die Weltkarriere von Johann Hölzel vulgo Falco. Zum 25. Todestag (am 6. Februar) hat sein Produzent und Songschreiber Peter Ponger nochmals Hand daran gelegt – für eine Edition namens „Einzelhaft deluxe“. Die „Presse“besuchte ihn in seinem Studio an einem verschwiegenen Ort in Niederösterreich.
Die Presse: Worauf haben Sie beim Remastering besonders geachtet?
Robert Ponger: Viel habe ich nicht verändert. Bloß die Bässe verschlankt, weil ich weiß, dass die in den Clubs immer voll aufgedreht sind. Im Grunde ist mein Sound gut gealtert. Wenn sich Lieder abnützen, dann hat das oft auch mit der Komposition zu tun. Meine Songs waren nie ganz abgeschlossen. Ich sah mich immer als eine Art Drehbuchautor. Hans war kein herkömmlicher Sänger, sondern ein genialer Selbstdarsteller und Performer. Man musste ihm ein anregendes Umfeld bieten. Seine Texte schrieb er dann aus dem Bauch.
Sie waren der erste Österreicher, der mit dem legendären Linn-Drumcomputer LM-1 gearbeitet hat. Wie teuer war der?
Sündteuer: 130.000 Schilling. Gnadenhalber bekam ich einen Bankkredit, den Rest habe ich mit Vorschüssen von Verlagen und dem Geld vom Verkauf der „Kommissar“-Single aufgebracht. Später haben auch Prince und Elton John den LM-1 verwendet. Die Zeitlosigkeit dieses Sounds verdankt sich der Tatsache, dass es damals keine Sequenzer-Software dafür gab und die Bands live dazu gespielt haben. Aus der Kombination der Perfektion des Computers mit dem Unperfekten des Spielens ergab sich diese gewisse Magie.
Wer war der wichtigste Mitmusiker?
Das war wohl der Peter Vieweger. Er hat sämtliche Gitarren auf „Einzelhaft“gespielt. Erst vor ein paar Jahren hat ein Bon-Jovi-Gitarrist ihn nach dem abgedunkelten Gitarrensound von „Der Kommissar“gefragt. Einiges davon ist von den Prinzipien des R&B abgeschaut, wo das Hauptriff immer unabhängig von der Gesangsmelodie wütete. Die Rolling Stones haben das stets so praktiziert.
Wie erinnern Sie sich an die erste Begegnung mit Falco?
Der Markus Spiegel, damals Labelboss von Gig-Records, hat mich auf ihn aufmerksam gemacht. Er meinte, ich solle mir doch diesen Typen im Albert-Sever-Saal mit der Kommerzband Spinning Wheel ansehen und schauen, ob man was mit ihm solo machen kann. Mich faszinierte sofort seine Ausstrahlung. Da war unterkühlte Wut, kombiniert mit Fadesse und charmanter Arroganz. Ich glaube, dass in der Musik ohne Wut nicht viel geht.
Haben Sie einander im Naturell ergänzt?
Sicher. „Bob, du machst die beste Musik für mich!“, pflegte der Hans zu sagen. Er fühlte sich in meinen Songs erkannt. Ob das, was wir hatten, eine Freundschaft genannt werden kann, weiß ich nicht. Es war auf jeden Fall eine sehr enge Arbeitsbeziehung.
Sind Sie auch miteinander ausgegangen?
Selten. Aber ich war öfters im U4, um meine neuesten Sachen geheim beim Tanzpublikum auszuprobieren. Dem DJ Wolfgang Strobl habe ich mal eine Kassette mit späteren Falco-Stücken gegeben. Das funktionierte total gut. Der Erfolg von „Der Kommissar“kam über die Clubs. Damals habe ich gelernt, dass ich auf mein Bauchgefühl vertrauen kann.
Falco gilt als Pionier des deutschsprachigen Rap. Wie kam das?
Der Vorschlag, bei „Der Kommissar“zu rappen, kam von mir. Zunächst war das Lied als Gesangsnummer geplant. Weil aber die Musik so energiegeladen war, wirkten die gesungenen Strophen zu harmlos. Als er dann mit seinen Raps kam, war das wie eine Explosion. Auf diese Art hat er sich auch selbst entdeckt. Am „Einzelhaft“-Album war er in vielerlei Hinsicht in Höchstform. Bei „Junge Römer“musste er schon seinem exzessiven Lebensstil Tribut zollen. Da sprudelte nichts mehr so locker aus ihm raus. Der Erfolgsdruck lastete schwer auf ihm.
Wie finden Sie die „Kommissar“-Coverversion von Laura Branigan?
Sehr schön, auch wenn es nicht der Megahit wurde. Im Moment arbeitet der R&B-Sänger Cee-Lo Green an einer neuen englischsprachigen Version davon.
War die Arbeit mit Falco ein Glück für Sie?
Falco war für meine Kreativität ein Glücksfall, ein absolutes Geschenk. Er war ein ungeschliffener Künstler, der der Wahrheit verhaftet war, selbst wenn diese sich gegen ihn selbst gerichtet hat. Er hat sich nie ein Blatt vor den Mund genommen. Er war ein ruheloser Reporter des damaligen Zeitgeists.
Haben Sie eine Lieblingsnummer von sich selbst?
„Zuviel Hitze“, gleich die erste Nummer auf „Einzelhaft“. Da stimmt alles zusammen. Von der Komposition her sind das drei luxuriöse Teile, wo die Bridge sich wie ein Refrain anhört. Den Satz „Zuviel Hitze, trotzdem friere ich“habe ich beigesteuert. Dabei war ich komplett clean. Drogen kosten einen die Wirklichkeit. Ich hatte immer Angst vor ihnen.