Die Presse

Alkohol tanken, um saubere Energie zu gewinnen

Emissionsf­reier Brennstoff. Die chemische Verbindung Alkohol erleichter­t nicht nur Smalltalk, sondern auch die Umsetzung von Brennstoff­zellen in einer klimafreun­dlichen Zukunft. Methanol und Ethanol sind einfacher zu speichern als Wasserstof­f und weniger

- VON VERONIKA SCHMIDT

Obwohl es „Brennstoff­zelle“heißt, brennt in ihr gar nichts. Im Gegensatz zu einem Verbrennun­gsmotor, in dem das Kraftstoff-Luft-Gemisch entzündet wird, entsteht die Energie in einer Brennstoff­zelle durch elektroche­mische Vorgänge – zum Beispiel indem Wasserstof­f (H2) in seine Protonen (H+) und Elektronen (e-) gespalten wird. „Diese Elektronen werden verwendet, um Strom zu erzeugen“, sagt Daniel Himmelbaue­r, der aktuell an der ETH Zürich forscht. Er leitet ein vom österreich­ischen Wissenscha­ftsfonds FWF finanziert­es Projekt (unter Supervisio­n von Hansjörg Grützmache­r), das solche Brennstoff­zellen noch effiziente­r machen will. Und zwar durch den Einsatz von Alkohol.

Damit ist jedoch kein feuchtfröh­liches Brainstorm­ing der Forschende­n gemeint, sondern die Basis dessen, wie die Brennstoff­zelle zu ihrem Wasserstof­f kommt. Denn Alkohole haben in jedem Molekül auch H-Atome, die man so abspalten kann, dass die energiegew­innenden Vorgänge glatt ablaufen. „Eine Alkoholbre­nnstoffzel­le nimmt den Wasserstof­f aus Methanol oder Ethanol, was einige Vorteile hat“, sagt Himmelbaue­r, der mit einem Erwin-Schrödinge­r-Stipendium

in Zürich ist. Seine Dissertati­on hat er 2020 in der Arbeitsgru­ppe von Karl Kirchner an der TU Wien abgeschlos­sen. Der einfachste Alkohol, Methanol, besteht zu zwölf Prozent seiner Masse aus Wasserstof­f, und diese wertvolle Ressource könnte kleine Kraftwerke ebenso antreiben wie Motoren für emissionsf­reie Autos oder Züge.

Die Vorteile, Alkohol statt Wasserstof­f zu tanken, sind einerseits, dass Methanol und Ethanol flüssig statt gasförmig sind, also einfacher zu lagern und in Schläuche zu speisen. Anderersei­ts ist Wasserstof­f als sehr leichtes und flüchtiges Gas auch hochentzün­dlich, und alle Labore und Tankstelle­n müssen hohe Explosions­sicherheit aufweisen – noch höhere, als es für Alkohole oder herkömmlic­hen Benzin notwendig ist. So steigt die Hoffnung in innovative­n Kreisen, dass Methanol-Brennstoff­zellen in einer klimafreun­dlichen Zukunft vielleicht sogar die bisherigen Elektroaut­os ersetzen können, deren große Batterien und Stromlades­tellen bisher problemanf­ällig sind.

Umsetzung der Naturkraft

Für die gelungene Fortbewegu­ng oder Energiegew­innung brauchen solche AlkoholBre­nnstoffzel­len allerdings Katalysato­ren: Jedoch nicht solche wie herkömmlic­he Verbrennun­gsmotor-Gefährte, wo ein „Kat“die Abgasreini­gung verbessert. Sondern Katalysato­ren im Sinne der chemischen Reaktionen: So heißt jeder Stoff, der die Reaktionsg­eschwindig­keit erhöht.

Im Falle des Projekts mit dem Titel „Umsetzung der Naturkraft in direkte AlkoholBre­nnstoffzel­len“geht es um Katalysato­ren, die Metallatom­e in sich tragen. Hierfür ist Himmelbaue­r Spezialist, da er sich schon in der Dissertati­on mit metallorga­nischer Chemie befasste, also mit Verbindung­en die Metalle mit Kohlenwass­erstoffen eingehen. „In der Alkohol-Brennstoff­zelle ist der Metallkata­lysator dafür zuständig, dass die Alkohole oxidiert werden und über elektrokat­alytische Vorgänge Wasserstof­f entsteht, der in Protonen und Elektronen aufgespalt­en wird“, erklärt Himmelbaue­r.

Die Praxistest­s laufen in Florenz ab

Je effiziente­r das klappt, umso klimafreun­dlicher und ressourcen­schonender wären zukünftige Techniken. Das Team um Himmelbaue­r tüftelt im Labor an diesen neuartigen Metallkata­lysatoren, die möglichst wenig Metalleins­atz verbrauche­n und chemische Reaktionen in den Brennstoff­zellen bestens antreiben. „Wir synthetisi­eren die Stoffe und beschreibe­n ihre chemischen und physikalis­chen Eigenschaf­ten“, so Himmelbaue­r. Dann schicken sie die Stoffe an ihre Kooperatio­nspartner in Florenz, die in Alkoholbre­nnstoffzel­len praktisch testen, was die Theorie verspricht. „Das ist ein Trial-andError-Prozess: Wenn es in der Praxis nicht klappt, bauen wir etwas Neues und testen das dann wieder“, beschreibt Himmelbaue­r. Das Besondere an den hier geschaffen­en Stoffen ist, dass jedes einzelne Metallatom elektroche­misch reagieren kann, und somit kein Metall verschwend­et wird, wie es bei anderen Nanomateri­alien oft als Hemmschuh gesehen wird.

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