Mit Scheinehe zum Doktorat
Der jungen Frau, die ein naturwissenschaftliches Studium aufnehmen wollte, war in ihrer Heimat weder ein UniStudium erlaubt noch eine Teilnahme als Gasthörerin. Daher entschied sie sich, eine Scheinehe einzugehen, um mit ihrem Mann ins Ausland reisen zu dürfen – denn nicht einmal das war Frauen gestattet. Wien kam für sie zu Studienzwecken nicht infrage, wenngleich sie dort einen Platz gehabt hätte – als zu gering erachtete sie das Leistungsangebot der Universität.
In Heidelberg wurde sie Gasthörerin, nahm viele Jahre private Lehrstunden und schrieb eine Doktorarbeit. Doch was tun mit einer Dissertation, die keine Uni annimmt? Letztlich akzeptierte die Hochschule in Göttingen die Arbeit – allerdings durfte die Frau nicht zur Prüfung antreten, sondern erhielt die Doktorwürde „in absentia“.
Kaum hatte sie eine Dozentur an der Universität Stockholm erhalten, schmähte ein Schriftsteller: Eine Frau in diesem Beruf sei „eine schädliche und unangenehme Erscheinung, ja, daß man sie sogar ein Scheusal nennen könnte“. Die Einladung dieser Frau nach Schweden, das an und für sich männliche Professoren genug habe, die sie an Kenntnissen bei Weitem überträfen, sei nur durch die Höflichkeit dem weiblichen Geschlecht gegenüber zu erklären. Die Reaktion der Frau? Sie gebe dem Schriftsteller teils recht, „nur gegen eines protestiere ich, daß nämlich in Schweden eine große Anzahl Mathematiker leben soll, die mir weit überlegen seien und daß man mich nur aus Galanterie berufen habe“.
Für den anderen Schriftsteller, den sie bereits in Jugendjahren getroffen hatte, schwärmte sie indes vergebens. Der fühlte sich zu ihrer Schwester hingezogen – die seinen Heiratsantrag jedoch ablehnte. Aber auch die Naturwissenschaftlerin lehnte einen Antrag ab: den eines berühmten Fachkollegen.
Stattdessen wurde sie erste Mitherausgeberin einer Fachzeitschrift und erhielt in Schweden eine ordentliche Professur auf Lebenszeit. Allerdings starb sie zwei Jahre später mit nur 41 Jahren.