Die Presse

Rotes Debakel lässt Führungsde­batte erwarten

Das schlechtes­te Ergebnis in der Geschichte wird die Führungsde­batte in der Partei beschleuni­gen. Im Land könnte Schwarz-Rot bevorstehe­n.

- VON MARTIN FRITZL

„Gut schaut’s nicht aus“, sagt ein Mitarbeite­r des SPÖ-Landtagskl­ubs. es ist 16 Uhr, die Wahllokale haben noch nicht alle geschlosse­n, Hochrechnu­ngen liegen auch noch keine vor. Aber man kennt schon die ersten Teilergebn­isse. Und die lassen eine kräftige Wahlnieder­lage erwarten. Genau so sollte es dann eine Stunde später, bei der ersten Hochrechnu­ng im ORF, kommen.

Rund 50 Funktionär­e haben sich im SPÖ-Klub im Landhaus versammelt, um die Hochrechnu­ng gemeinsam anzusehen. Auch da sieht man ernste Gesichter, die Hoffnungen sind gering. Trotzdem brandet gleich zu Beginn Jubel auf: Als nämlich das ergebnis der ÖVP verkündet wird. Gleich danach ist es mit dem Jubel wieder vorbei. Die SPÖ verliert Stimmen und ein Mandat – und rutscht hinter die FPÖ auf Rang drei zurück. Betretene Gesichter sind die Folge, einige applaudier­en pflichtsch­uldig, die meisten können sich nicht einmal dazu durchringe­n.

Parteichef Franz Schnabl ist hier nicht anwesend, es liegt an Landesgesc­häftsführe­r Wolfgang Kocevar, das ergebnis zu erklären – es schönzured­en, versucht nicht einmal er. Immerhin habe man das Ziel erreicht, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, kann er dem Ganzen noch etwas Gutes abgewinnen. Und er hofft noch auf ein besseres Abschneide­n in den größeren Gemeinden – aber so ganz scheint er das auch selbst nicht zu glauben.

Groß waren die erwartunge­n in der SPÖ ohnehin nicht gewesen. Schon in den Umfragen war für die Sozialdemo­kraten ein leichtes Minus vorausgesa­gt – und der Rückfall auf Platz drei hinter die FPÖ. Und das angesichts einer Landes-ÖVP, die in das größte Debakel ihrer Geschichte schlittert­e. Dass Parteichef Franz Schnabl in der Öffentlich­keit den Anspruch auf den Landeshaup­tmann stellte, sollte da nicht viel nutzen. Zu wenig wurde dem ehemaligen Toppolizis­ten und Magna-Manager zugetraut, tatsächlic­h

die Führungsro­lle im Land zu übernehmen. Dem SPÖ-Spitzenkan­didaten, der im persönlich­en Umgang durchaus gewinnend und kommunikat­iv sein kann, ist es noch nicht gelungen, diese Fähigkeite­n bei öffentlich­en Auftritten auszuspiel­en. Zumal er solche im ÖVP-Land Niederöste­rreich auch nicht all zu häufig bekommt. Die ÖVP hatte lange Zeit die Landesmedi­en inklusive dem ORF-Landesstud­io fest im Griff – bis im Wahlkampf die Affäre um die einflussna­hme auf die ORF-Berichters­tattung platzte.

Und dann passierten im Wahlkampf auch noch Hoppalas. „Der rote Hanni“lautete ein Wahlsujet, das von der Partei auf der Homepage veröffentl­icht wurde. Schnabl kündigte eine „persönlich­e erklärung“an – eigentlich ein Code für einen Rücktritt – um dort festzustel­len, dass er nicht der „rote Hanni“sei. Das selbst produziert­e und veröffentl­ichte Sujet sei ein „Osterei“gewesen, ein Fake, auf das Konkurrenz wie Journalist­en hereingefa­llen seien.

Was jetzt erwartbare­rweise kommen wird: die nächste Führungsde­batte in der SPÖ. eigentlich sind es gleich zwei, nämlich eine im Land und eine im Bund. Im Land steht Franz Schnabl zur Diskussion – auch wenn man am Wahlabend noch nicht über Personelle­s reden wollte. Wer ihn ablösen könnte? Das hängt ganz stark auch vom Wahlergebn­is ab: Der Traiskirch­ner Bürgermeis­ter Andreas Babler, der auf der Landeslist­e als Letzter kandidiert­e, hat einen Vorzugssti­mmenwahlka­mpf geführt. Der populäre Politiker vom linken Flügel der Sozialdemo­kratie könnte den Führungsan­spruch stellen – so er ein respektabl­es ergebnis geschafft hat. Aber das weiß man an diesem Wahlabend noch nicht. Im Bund ist die Führungsde­batte ja schon längst im Gang. Pamela Rendi-Wagner wird das ergebnis in Niederöste­rreich wohl nicht weiterhelf­en.

Und dann ist da noch die Frage, wie die SPÖ im Land weiter vorgeht. Wird man eine Koalition mit der ÖVP bilden und Johanna Mikl-Leitner zur Landeshaup­tfrau wählen? Nachdem die FPÖ schon abgewunken hat, stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht. Und den eigenen Führungsan­spruch wird Schnabl bei dem ergebnis wohl nicht aufrecht erhalten können.

 ?? [APA] ?? SPÖ-Spitzenkan­didat Franz Schnabl ist nach dem schlechtes­ten Ergebnis für die SPÖ angeschlag­en.
[APA] SPÖ-Spitzenkan­didat Franz Schnabl ist nach dem schlechtes­ten Ergebnis für die SPÖ angeschlag­en.

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