Rotes Debakel lässt Führungsdebatte erwarten
Das schlechteste Ergebnis in der Geschichte wird die Führungsdebatte in der Partei beschleunigen. Im Land könnte Schwarz-Rot bevorstehen.
„Gut schaut’s nicht aus“, sagt ein Mitarbeiter des SPÖ-Landtagsklubs. es ist 16 Uhr, die Wahllokale haben noch nicht alle geschlossen, Hochrechnungen liegen auch noch keine vor. Aber man kennt schon die ersten Teilergebnisse. Und die lassen eine kräftige Wahlniederlage erwarten. Genau so sollte es dann eine Stunde später, bei der ersten Hochrechnung im ORF, kommen.
Rund 50 Funktionäre haben sich im SPÖ-Klub im Landhaus versammelt, um die Hochrechnung gemeinsam anzusehen. Auch da sieht man ernste Gesichter, die Hoffnungen sind gering. Trotzdem brandet gleich zu Beginn Jubel auf: Als nämlich das ergebnis der ÖVP verkündet wird. Gleich danach ist es mit dem Jubel wieder vorbei. Die SPÖ verliert Stimmen und ein Mandat – und rutscht hinter die FPÖ auf Rang drei zurück. Betretene Gesichter sind die Folge, einige applaudieren pflichtschuldig, die meisten können sich nicht einmal dazu durchringen.
Parteichef Franz Schnabl ist hier nicht anwesend, es liegt an Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar, das ergebnis zu erklären – es schönzureden, versucht nicht einmal er. Immerhin habe man das Ziel erreicht, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, kann er dem Ganzen noch etwas Gutes abgewinnen. Und er hofft noch auf ein besseres Abschneiden in den größeren Gemeinden – aber so ganz scheint er das auch selbst nicht zu glauben.
Groß waren die erwartungen in der SPÖ ohnehin nicht gewesen. Schon in den Umfragen war für die Sozialdemokraten ein leichtes Minus vorausgesagt – und der Rückfall auf Platz drei hinter die FPÖ. Und das angesichts einer Landes-ÖVP, die in das größte Debakel ihrer Geschichte schlitterte. Dass Parteichef Franz Schnabl in der Öffentlichkeit den Anspruch auf den Landeshauptmann stellte, sollte da nicht viel nutzen. Zu wenig wurde dem ehemaligen Toppolizisten und Magna-Manager zugetraut, tatsächlich
die Führungsrolle im Land zu übernehmen. Dem SPÖ-Spitzenkandidaten, der im persönlichen Umgang durchaus gewinnend und kommunikativ sein kann, ist es noch nicht gelungen, diese Fähigkeiten bei öffentlichen Auftritten auszuspielen. Zumal er solche im ÖVP-Land Niederösterreich auch nicht all zu häufig bekommt. Die ÖVP hatte lange Zeit die Landesmedien inklusive dem ORF-Landesstudio fest im Griff – bis im Wahlkampf die Affäre um die einflussnahme auf die ORF-Berichterstattung platzte.
Und dann passierten im Wahlkampf auch noch Hoppalas. „Der rote Hanni“lautete ein Wahlsujet, das von der Partei auf der Homepage veröffentlicht wurde. Schnabl kündigte eine „persönliche erklärung“an – eigentlich ein Code für einen Rücktritt – um dort festzustellen, dass er nicht der „rote Hanni“sei. Das selbst produzierte und veröffentlichte Sujet sei ein „Osterei“gewesen, ein Fake, auf das Konkurrenz wie Journalisten hereingefallen seien.
Was jetzt erwartbarerweise kommen wird: die nächste Führungsdebatte in der SPÖ. eigentlich sind es gleich zwei, nämlich eine im Land und eine im Bund. Im Land steht Franz Schnabl zur Diskussion – auch wenn man am Wahlabend noch nicht über Personelles reden wollte. Wer ihn ablösen könnte? Das hängt ganz stark auch vom Wahlergebnis ab: Der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, der auf der Landesliste als Letzter kandidierte, hat einen Vorzugsstimmenwahlkampf geführt. Der populäre Politiker vom linken Flügel der Sozialdemokratie könnte den Führungsanspruch stellen – so er ein respektables ergebnis geschafft hat. Aber das weiß man an diesem Wahlabend noch nicht. Im Bund ist die Führungsdebatte ja schon längst im Gang. Pamela Rendi-Wagner wird das ergebnis in Niederösterreich wohl nicht weiterhelfen.
Und dann ist da noch die Frage, wie die SPÖ im Land weiter vorgeht. Wird man eine Koalition mit der ÖVP bilden und Johanna Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau wählen? Nachdem die FPÖ schon abgewunken hat, stehen die Chancen dafür gar nicht so schlecht. Und den eigenen Führungsanspruch wird Schnabl bei dem ergebnis wohl nicht aufrecht erhalten können.