Warum der ernste General Pavel die Tschechen überzeugte
Petr Pavel besiegte bei der Präsidentenwahl den Populisten Andrej Babĭs mit moderaten Ansätzen – und einem klaren Pro-Nato-Kurs.
„Zehn Prozent Erleichterung, fünf Prozent Freude. Der Rest ist das große Gewicht der Verantwortung.“So antwortete der frisch gewählte tschechische Präsident Petr Pavel im ersten großen Fernsehinterview nach der mit 58 zu 42 Prozent gewonnenen Stichwahl gegen Andrej Babisˇ auf die Frage, welche Gefühle ihn bewegen.
In der Tat wirkte der 61-jährige Berufssoldat auch während des Wahlkampfes nicht unbedingt wie jemand, der Freude gern nach außen zeigt. „Aber er ist ein lustiger, geselliger Zeitgenosse“, beruhigte jemand aus Pavels Team. „Vor allem aber ist er ernsthaft, hat großen Respekt vor der Aufgabe, die da auf ihn wartet.“Mit Sicherheit hat Pavel auch während des harten Wahlkampfes vor der Stichwahl das Lachen verlernt. Die angesehene Kommentatorin Lenka Zlámalová vom Internetportal „Echo24“konstatierte: „Niemals hat dieses Land einen so zutiefst abstoßenden Wahlkampf erlebt.“Die Verantwortung dafür habe Pavels Widersacher Andrej Babisˇ.
Zwei große Wahlen hatte Babisˇ zuletzt verloren, führt aber immer noch die stärkste Gruppierung, die Bewegung ANO, an. Eigentlich liegt ihm das Amt des Premiers näher. Es war der amtierende Präsident Milosˇ Zeman, der Babisˇ das Amt des Staatschefs schmackhaft machte. Babisˇ aber selbst sah diese Wahl vor allem als „Referendum“über sich selbst. Er stürzte sich bewusst auf Themen, die für die meisten Tschechen bedrückend sind: den Ukraine-Krieg und dessen Folgen für das tägliche Leben, etwa die hohe Inflation. Pavel sei der „Kandidat der Regierung“, die all „das Schlimme“für die „einfachen Menschen“verursache.
Doch in wirkliche Bedrängnis konnte er Pavel nie bringen. Der beklagte nämlich ebenso, dass etwa Sozialämter in der jetzigen schwierigen Lage zu lange bräuchten, um Bedürftigen finanzielle Hilfe auszuzahlen. Richtig vertan hat sich Babisˇ mit seiner Absicht, Pavel als einen General zu verunglimpfen, der Tschechien in einen Krieg ziehen wolle. Dabei tritt Pavel, der einst als erster „Osteuropäer“zum Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses gewählt worden war, für den Frieden ein.
Die Angstmache überzeugte die große Mehrheit der Wähler nicht. Von dieser Kampagne ist nur ein Witz geblieben, der seit Tagen in ganz Tschechien die Runde macht: „Kommt eine Truppe trinkfreudiger Burschen in die Kneipe. Auf die Frage, was sie begehrten, antworten die Jungs wie aus einem Mund: ,Frieden!‘“
Neuer Ton in der Außenpolitik
Babisˇ verhaspelte sich in dieser Kampagne so sehr, dass er die militärische Hilfe Tschechiens im Rahmen der Nato für den Fall infrage stellte, dass Russland Polen oder die baltischen Länder überfallen würde. Pavel reagierte sofort: Seine erste Auslandsreise werde ihn traditionsgemäß in die Slowakei führen, hieß es. Von dort wolle er gemeinsam mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Cˇ aputová zu einem Solidaritätsbesuch nach Kiew aufbrechen. Anschließend werde er bei einem Besuch
in Warschau den Polen ebenso wie den Ländern des Baltikums versichern, dass Tschechien zu seinem Engagement innerhalb der Nato mit Überzeugung stehe.
Damit wird der neue Präsident auch einen Schlussstrich unter die langjährige offene Zuneigung seines Vorgängers Milosˇ Zeman zu Moskau und Peking ziehen. Pavel bringt als Sicherheitsexperte, der fest im Westen verankert ist, beste Voraussetzungen für seine präsidiale Rolle mit, die Außenpolitik Tschechiens mitzugestalten.
In der Innenpolitik möchte er „soziales Gewissen“sein, gemeinsam mit Regierung und Opposition beraten, wie Bedürftigen seitens des Staates mehr als bisher geholfen werden kann. Etwas, was vor allem den Wählern seines Rivalen Babisˇ besonders wichtig war. Das könnte helfen, die Gräben in der Gesellschaft nach dem harten Wahlkampf zu überwinden.