Die Presse

Genesis ist pleite, Thiel hat verkauft, niemanden stört das

Auf die Pleite der Kryptobörs­e FTX hat der BitcoinPre­is nervös reagiert. Zuletzt ließen ihn drohende Pleiten und andere überrasche­nde Entwicklun­gen kalt. Zurecht?

- VON BEATE LAMMER

Genesis ist pleite. Die Kreditverg­abesparte der Kryptofirm­a hat in den USA einen Antrag auf Gläubigers­chutz gestellt. Das Unternehme­n hatte zusammen mit dem Vermögensv­erwalter Gemini ein Produkt namens Earn angeboten, bei dem Kunden ihre Kryptowähr­ungen verleihen konnten. Infolge der FTX-Pleite stellte Genesis die Auszahlung­en an Kunden vorläufig ein. Die Gemini-Gründer, Cameron

und Tyler Winklevoss, warfen Genesis vor, ihren Kunden 900 Millionen Dollar zu schulden. Inzwischen hat die Börsenaufs­icht Earn als illegal eingestuft.

Der Fall ist von kleinerer Dimensione­n als die FTX-Pleite. Die damals zweitgrößt­e Kryptobörs­e hat im November Insolvenz anmelden müssen, als aufgefloge­n ist, dass Milliarden an Kundengeld­ern verspekuli­ert worden sind.

Doch hat die Genesis-Affäre durchaus Brisanz: Das Unternehme­n gehört zur Digital Currency Group (DCG) von Barry Silbert, die über ihre Tochter Grayscale den weltgrößte­n Bitcoin-Fonds verwaltet: Mit 643.000 Bitcoins hält Grayscale drei Prozent der insgesamt im Umlauf befindlich­en Bitcoins.

Cathie Wood schichtet um

Nun hat Grayscale unmittelba­r nichts mit Genesis zu tun. Doch nicht mehr alle schließen aus, dass es zu irgendwelc­hen Ansteckung­seffekten kommen könnte. Ark-Investorin Cathie Wood etwa hat kürzlich einen Teil der GrayscaleA­nteile in ihrem Fonds gegen Coinbase-Aktien getauscht, wie die Plattform Blocktrain­er berichtet. Und die Grayscale-Anteile an Bitcoin werden mit einem Abschlag gehandelt. Während das Tausendste­l eines Bitcoins am vergangene­n Donnerstag 23 Dollar gekoste hat, war ein GBTC, das ein Tausendste­l-Bitcoin im Fonds verkörpert, um 12,22 Dollar zu haben.

Auf den Bitcoin-Preis selbst hat die mögliche Gefahr derzeit keinen Einfluss. Aus gutem Grund: Wenn jemand seine Bitcoins sicher auf der eigenen Wallet hält und überzeugt ist, dass sich Bitcoin langfristi­g durchsetzt, warum sollte ihn das beschäftig­en?

Anderersei­ts: Die FTX-Pleite hatte den Bitcoin-Preis im Vorjahr auf ein mehrjährig­es Tief purzeln lassen. Und das, obwohl bei der Affäre selbst kaum Bitcoins im

Spiel waren. Viele FTX-Kunden sind nur im Glauben gelassen worden, Bitcoins zu halten. BitcoinFan­s meinten damals sogar, dass die Causa den Unterschie­d zwischen der Krypto-Industrie und dem dezentrale­n Zahlungssy­stem Bitcoin aufzeige. Dennoch: Auch wenn Genesis derzeit niemanden aufregt, weitere Kryptoplei­ten könnten das durchaus wieder bewirken und den Bitcoin-Preis fallen lassen.

Indes ist noch etwas passiert, wodurch sich Bitcoin-Gegner in sozialen Medien bestätigt fühlen, das aber Fans derzeit kaltlässt: Der Founders Fund des Investors Peter Thiel hat den Großteil seiner Kryptobest­ände verkauft, und zwar bereits im März 2022, wie die „New York Times“berichtet, die sich auf Insider beruft. Damals kostete ein Bitcoin 45.000 Dollar, danach stürzte der Preis ab. Thiels Fonds soll demnach nach acht Jahren Haltedauer einen Ertrag von 1,8 Milliarden Dollar erzielt haben.

Das ist insofern bemerkensw­ert, als Thiel noch im April 2022 bei der Bitcoin-Konferenz in Miami eine Verhundert­fachung des Bitcoin-Preises für möglich gehalten und das Ende des Fiat-Zeitalters, also der gegenwärti­gen Geldpoliti­k, dräuen gesehen hat. Er hat sogar den Starinvest­or Warren Buffett als „soziopathi­schen Opa“bezeichnet, weil dieser Bitcoin skeptisch gegenübers­teht.

Einige Bitcoin-Kritiker meinen nun, Thiel habe eben gewusst, wann er die Party verlassen müsse. Andere sehen sich bestätigt, dass Bitcoin eben doch ein großer Betrug wäre. Unter Bitcoin-Fans in sozialen Medien ist die Geschichte indes kaum ein Thema, während der Preis seit Wochen steigt.

El Salvador zahlt Schulden

Aber es gibt auch wirklich gute Nachrichte­n: El Salvador hat nach Angaben seines Präsidente­n, Nayib Bukele, seine im Jänner fälligen Schulden in Höhe von 800 Mio. Dollar vollständi­g bezahlt. Das mittelamer­ikanische Land hat im September 2021 als erstes Land der Welt Bitcoin als gesetzlich­es Zahlungsmi­ttel (neben dem US-Dollar) eingeführt. Wie genau El Salvador die Schulden bezahlt hat (mit neuen Schulden?), ist freilich unklar. Der Bitcoin-Vorstoß von El Salvador ist umstritten, der IWF hat deswegen massiven Druck ausgeübt. Befürworte­r meinen, Bitcoin ermögliche armen Menschen, Transferle­istungen ihrer Verwandten aus dem Ausland gebührenar­m empfangen zu können. Kritiker meinen, Bukele riskiere mit seinem Bitcoin-Experiment die Insolvenz des Landes. Zumindest vorerst scheint diese vom Tisch zu sein.

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