Der Markt wettet gegen die Fed: Das ist explosiv
Die Notenbanker treffen sich am Mittwoch, und es wird sich zeigen, ob sie an ihrem Zinspfad festhalten. Die Börsianer glauben nicht daran. Vom Ausgang dieser Kraftprobe hängt ab, ob es zu einem Kursfeuerwerk oder einer Talfahrt kommt.
Wenn Jerome Powell, Chef der USNotenbank Fed, am Mittwoch vor die Kameras tritt, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte verkünden. Immerhin in diesem Punkt sind sich die Geldpolitiker und die Börsianer einig. Der US-Leitzins, das wohl wichtigste Barometer für die Finanzwelt, soll also künftig bei einer Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent liegen. So kommuniziert es die Notenbank seit Wochen und so erwarten es die Futures-Händler mit einer Wahrscheinlichkeit von fast 100 Prozent.
Das ist gut so, schließlich lautet eine der bekanntesten Börsenweisheiten: „Never bet against the Fed.“Wer gegen die Notenbank wettet, so das Credo, wird über kurz oder lang draufzahlen, weil der Gegner übermächtig ist und am Ende das tun wird, was er prophezeit hat. Das Problem: Im Moment befolgen die Händler an den Anleihemärkten diese Weisheit nicht, sie wetten gegen die Fed. Es bleibt zu hoffen, dass die Börsianer recht behalten. Wenn nicht, werden nicht bloß die Profis an der Wall Street die Rechnung präsentiert bekommen. Mit ihnen wird wohl auch der typische Kleinanleger aus Österreich zumindest zwischenzeitlich ein Minus verbuchen müssen.
Markt verweigert sich
Die Fed versucht nämlich seit Monaten eindeutig zu kommunizieren, dass sie die Zinsen auf einen Wert von mehr als fünf Prozent wird anheben müssen, um die weiterhin hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Sowohl die Renditen von US-Treasuries wie auch die an der Optionsbörse CME gehandelten Futures zeigen jedoch, dass die Märkte davon ausgehen, dass bei einer Spanne von 4,75 bis fünf Prozent Schluss mit den Erhöhungen sein wird. Im Gegenteil: Bereits in der zweiten Hälfte des Jahres werden wieder Zinssenkungen ins Haus stehen, so die Marktteilnehmer.
Tatsächlich notierte die Rendite für einjährige Staatsanleihen mit 4,70 Prozent zuletzt unter jener für sechsmonatige Papiere. Je weiter die Fälligkeit in der Zukunft liegt, desto niedriger wird die erwartete Rendite. Man spricht von einer inversen Renditekurve, die Börsianer erwarten für heuer eine Rezession und als Folge sehen sie die Notwendigkeit von Zinssenkungen der Notenbank. Es ist ein zweischneidiges Schwert: Erhöht die Fed die Zinsen zu sehr, könnte die Geldpolitik in der Tat eine schwere Rezession auslösen. Hört sie zu früh mit den Zinserhöhungen auf, könnte die Inflation neuerlich außer Kontrolle geraten.
Kursfeuerwerk . . .
Vereinfacht ausgedrückt belasten höhere Zinsen die Aktienmärkte, weil Investitionen für Firmen teurer werden und andere Anlageformen an Attraktivität gewinnen. Die Hoffnung der Märkte auf ein Ende der Erhöhungen ist deshalb ein Grund für die in den vergangenen Wochen gesehenen Kursgewinne. Freilich ist diese Rallye vielen Marktteilnehmern nicht geheuer. Sie ziehen ihr Kapital ab und stecken es in Geldmarktfonds, die in den USA eine Rendite von mehr als vier Prozent abwerfen. In den vier Wochen rund um den Jahreswechsel flossen 135 Milliarden Dollar in derartige Fonds. Das ist der höchste Wert seit dem Frühjahr 2020.
Wenn Powell diese Woche einen Rückzieher macht und ein Ende der Zinserhöhungen in Aussicht stellt, stünde zumindest einem zwischenzeitlichen Kursfeuerwerk nichts mehr im Wege. Das gebunkerte Bargeld würde wenigstens zum Teil in Aktien fließen, insbesondere in Technologiewerte, weil Investoren eine Rallye nicht verpassen wollen.
. . . oder Talfahrt
Ob das Feuerwerk von Dauer wäre, würde sich in den kommenden Monaten zeigen und vor allem davon abhängen, ob die Teuerung auch ohne zusätzliche Zinserhöhungen
weiter zurückgehen würde.
Wenn Powell jedoch auf einem Zinspfad von jenseits der Marke von fünf Prozent beharrt und die Fed diesen Weg dann auch durchzieht, wird das kaum ohne eine deutliche Talfahrt an den Börsen über die Bühne gehen. Die zuletzt gesehenen Kursgewinne würden sich einmal mehr als vorübergehende Bärenmarktrallye entpuppen. Und die Weisheit, dass man nicht gegen die Fed wetten soll, würde sich zumindest dieses Mal als richtig herausstellen.