Die Presse

Flug abgesagt, Entschädig­ung detto

Wenn ein Fluggast wegen Covid-19-Beschränku­ngen nicht reisen durfte, steht ihm keine Ausgleichs­zahlung zu, wenn der Flieger auf dem Boden bleibt.

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Auch drei Jahre nach ihrem Ausbruch tauchen noch Rechtsfrag­en rund um die Covid-19-Pandemie auf, die erstmals von Gerichten geklärt werden müssen. Zum Beispiel diese: Steht einem Fluggast die übliche Ausgleichs­zahlung zu, wenn der Flug annulliert wird, er aber gar nicht verreisen durfte?

Das Handelsger­icht (HG) Wien hat darüber in zweiter Instanz rechtskräf­tig entschiede­n, und zwar auf einen allgemeine­n Rechtsgrun­dsatz gestützt – und gegen den Fluggast.

Geklagt hatte eine Frau, die bei einer Fluglinie mit Sitz in Wien – daher die Gerichtszu­ständigkei­t in dieser Stadt – einen Inlandsflu­g in Frankreich im November 2020 gebucht hatte. Weniger als sieben Tage vor dem geplanten Abflug wurde sie über der Absage des Flugs verständig­t: Äußerlich betrachtet ein klarer Fall für eine Ausgleichs­zahlung nach der EUFluggast­rechte-Verordnung, bei einem Flug bis 1500 Kilometer in Höhe von 250 Euro.

Außergewöh­nliche Umstände

Genau das verlangte die auf dem Boden gebliebene Kundin. Das Bezirksger­icht für Handelssac­hen wies ihre Klage jedoch ab: Die Fluglinie sei nämlich dann nicht zur Entschädig­ung verpflicht­et, wenn die Annullieru­ng nachweisli­ch auf außergewöh­nliche Umstände zurückgehe, die mit keinen zumutbaren Maßnahmen zu vermeiden waren.

Eine schlechte Auslastung allein wäre kein solcher Grund, auch dann nicht, wenn sie auf die Pandemie zurückzufü­hren wäre. In diesem Fall aber entschied sich die Fluglinie nicht aus wirtschaft­lichen Gründen zur Absage, sondern wegen eines Lockdowns in Frankreich im Herbst 2020, als die Corona-Fallzahlen stark stiegen. Man durfte dort nur aus eng umgrenzten – zum Beispiel berufliche­n – Gründen das Haus verlassen, nicht einfach so zum Reisen.

Wie das HG Wien als Berufungsg­ericht bestätigte, steht der Frau die Ausgleichs­zahlung unter diesen Umständen nicht zu (50 R 129/22k). Das HG folgte der Argumentat­ion des Anwalts der beklagten Fluglinie, Armin Bammer, zum Grundsatz der Einheitlic­hkeit der Rechtsordn­ung: Demnach entstünden unauflösba­re Wertungswi­dersprüche, würde der Klägerin ein Ausgleichs­anspruch zuerkannt, obwohl sie zum Antritt des Fluges gar nicht berechtigt war. Das war die Frau nicht, also erhält sie die 250 Euro nicht. (kom)

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