Wenn der „Rotgeher“den Stinkefinger zeigt
„Freiwild Fußgänger“, „Mein Freitag“von Oliver Grimm, 24. 1.
Ihre politischen Einschätzungen teilte ich eigentlich immer, aber Ihre Beobachtung zu den Fußgängern kann ich so gar nicht bestätigen. Meine Wahrnehmung auch heute ist: Ich stehe beim
Zebrastreifen Margaretenplatz über die Margaretenstraße, denn es ist Rot. Auf der anderen Seite des Zebrastreifens betritt eine junge Frau gedankenverloren den Zebrastreifen und bemerkt erst nach einem Meter ihren Irrtum und dass sich ein Auto nähert. Verlegen lächelnd (das ist positiv, denn es gibt auch „Rotgeher“, die weitergehen und sogar den Stinkefinger zeigen) kehrt sie auf den Gehsteig zurück. Das nahende Auto wurde langsamer und hätte die Dame trotz eigener Grünphase über die Straße gelassen.
Dass manche Autofahrer auch wild unterwegs sind, ist nicht abzuleugnen, aber schon die Strafwahrscheinlichkeit und potenzielle Strafhöhe sprechen dagegen, dass es vorrangig die Autofahrer sind, auf die man den Vertrauensgrundsatz nicht anwenden kann.
Wenn Sie öfter mit dem Auto in der Stadt unterwegs sind, müsste es Ihnen eigentlich aufgefallen sein, dass die „Rotgeher“unter den Passanten zunehmen. Ich z. B. habe mir zum Selbstschutz
angewöhnt, wenn ich mich in der Straußengasse der Margaretenstraße nähere, auch bei Grün unbedingt einen Pendelblick zu machen, ob nicht Passanten bei Rot die Straße queren. Bei dieser Kreuzung erlebte ich sogar die Variante mit Stinkefinger, d. h. den jungen Mann ließ mein Warnhuper ungerührt, er ging trotz Rot weiter, meinen Beschwerdehuper (ich weiß, verboten) quittierte er mit dem Stinkefinger.
Dr. Dieter Weyrich, 1040 Wien