Schwarz-Rot oder doch Schwarz-Rot-Blau?
Die Parteien nehmen nach der Wahl Gespräche auf - und die ÖVP freut sich über den neuen Mann an der SPÖ-Spitze.
Man redet wieder miteinander – nicht in TV-Studios, sondern hinter verschlossenen Türen. Am Mittwoch startet die niederösterreichische ÖVP Annäherungsgespräche mit den anderen Parteien. Nach den Semesterferien sind die Koalitionsverhandlungen dran.
Die Zeichen stehen auf Schwarz-Rot – zumal der Wechsel an der SPÖ-Spitze von der ÖVP begrüßt wird. In Niederösterreich arbeiten die Sozialpartner eng miteinander sowie mit dem Land zusammen. Als Geschäftsführer des Landes-AMS hatte der designierte neue rote Chef Sven Hergovich oft mit Arbeits-Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP) zu tun. Der junge Rote wird bei den Schwarzen geschätzt – und auch nicht unterschätzt. Die Koalitionsbedingungen, die Hergovich medial ausrichtete, klingen nicht unerfüllbar: mehr Investitionen
in den ländlichen Raum, ganztägige Gratis-Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr.
Offen ist aber, ob es bei einer klassischen Zweier-Koalition bleibt. Der ÖVP wären bilaterale Arbeitsabkommen mit SPÖ und FPÖ am liebsten, da beide dank
Proporz sowieso in der Regierung sitzen. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz hat zwar am Wahlabend die Zusammenarbeit mit Johanna Mikl-Leitner „de facto ausgeschlossen, doch nun ist die FPÖ „offen für Gespräche“.
Babler nah an Schnabl dran
Auch weil sonst ein unangenehmes Szenario droht: Die schwarz-rote Mehrheit in der Regierung kann über das Portefeuille der drei blauen Landesräte bestimmen. Verweigert die FPÖ die Kooperation, könnte man sie, so heißt es aus der ÖVP, zu „nicht amtsführenden Landesräten machen – wie in Wien.“Und damit arbeitslos.
Ob es auf eine schwarz-rotblaue Koalition oder auf eine schwarz-rote Koalition plus Arbeitsabkommen mit Blau hinausläuft, ist aber offen. Die ÖVP pocht bislang übrigens nicht darauf, dass die FPÖ Johanna MiklLeitner als Preis für eine Kooperation als Landeshauptfrau wählen müsste. Das will Blau nämlich weiterhin nicht. Allerdings braucht auch die FPÖ schwarze Stimmen. Blau hat als zweitstärkster Partei Anspruch auf den zweite Landeshauptmannstellvertreter zu – auch der muss im Landtag gewählt werden. Der scheidende SPÖ-Chef Franz Schnabl wollte FPÖ-Chef Udo Landbauer nur zum Stellvertreter wählen, wenn dieser sich von seiner Menschenrechte-Kritik distanziert. Von Hergovich hört man diese Bedingung bislang nicht.
Apropos Stimmen: Dienstagnachmittag wurde das Vorzugstimmenergebnis bekannt. Der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, der einen Vorzugsstimmenwahlkampf führte, kam mit 21.247
Stimmen nah an Franz Schnabl (24.201) heran: Gerüchte, dass auch Babler Interesse an der Parteiführung gehabt hätte und - um ihn zu verhindern – Hergovich flott installiert wurde, dementiert der Traiskirchner: Er habe immer gesagt, dass er Bürgermeister bleibe. Daraus habe sich logisch ergeben, dass er „nicht Parteichef und Landesrat werden kann - denn das ist ein Fulltimejob“. Babler übernimmt aber - neben seinem neuen Bundesrat-Job - die Reformkommission der Landes-SPÖ. (uw)
Hörtipp: Innenpolitik
Chef Oliver Pink spricht heute mit Christine Mayrhofer über die SPÖ und den neuen Parteichef in Niederösterreich, Sven Hergovich. Abrufbar unter:
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