Pension: Frauen als Teuerungsopfer?
Weil Frauen der Jahrgänge 1964 bis 1968 regulär immer im zweiten Halbjahr ihre Rente antreten, drohen ihnen spürbare Einbußen. Die SPÖ spricht gar von „Pensionsraub“.
Die jährliche Pensionserhöhung gehört zu den Fixpunkten der politischen Debatten eines jeden Jahres – obwohl es dafür eigentlich eine fixe Regelung gäbe, die auf Basis der durchschnittlichen Teuerung des Vorjahres festlegt, wie die Pensionen angepasst werden. Die Politik allerdings hebelt dies in der Regel aus, um noch etwas draufzulegen. Doch dabei gibt es Abstufungen, und zwar für Neupensionisten: Im ersten Pensionsjahr hängt es nämlich vom Zeitpunkt des Penionsantritts ab, wie hoch das Plus zum Start ausfällt, das ja der Ausgleich für die Teuerung des Vorjahres ist. Wer im Jänner in Pension geht, bekommt die volle Erhöhung, im Februar sind es 90 Prozent – und so fort. Dieser gesetzlich festgelegten Aliquotierung folgend gibt es für Pensionsantritte im Oktober noch zehn Prozent von der Pensionserhöhung, wer unterdes im November oder Dezember die Rente antritt, bekommt gar kein Plus auf die erste errechnete Pension drauf.
In normalen Zeiten hat das keine großen Auswirkungen – bei Inflationsraten wie den gegenwärtigen jedoch schon. Daher relativierte Türkis-Grün zu Jahresende mit einem zusätzlichen Pensionszuckerl die Aliquotierung, sodass alle Neupensionisten zumindest mit einem Plus von 2,9 Prozent in ihr erstes Pensionsjahr starten. Das galt jedoch nur für heuer – und wurde angesichts der extrem stark steigenden Pensionsausgaben auch kritisiert. Ende des Jahres bestätigte die Regierung eine Rechnung der Alterssicherungskommission über die Größe des Pensionslochs: So muss der Bund bereits 2026 mehr als zwanzig Milliarden Euro in die gesetzliche Pensionsversicherung zuschießen, Beamtenpensionen sind da noch nicht einmal mitgerechnet.
Frauen gehen im Herbst
Die SPÖ sieht indes kein Ausgabenproblem, sondern bekämpft die Aliquotierung; nun sieht die Partei das Ganze auch als frauenpolitisches Thema. Nur: Was hat das denn mit Frauen zu tun?
Gar nicht so wenig: Tatsächlich betrifft die Abstufung der Erhöhungen einen Großteil der Frauen, die gerade im Finale ihrer Erwerbskarrieren stehen. Der Grund ist die Angleichung des gesetzlichen Pensionsalters, die 2024 startet. Und jetzt wird es abermals etwas kompliziert: Weil das Antrittsalter ab 2024 für Frauen nämlich alle sechs Monate um ein halbes Jahr steigt, sodass auch Frauen ab 2032 mit 65 Jahren in Pension gehen, verschieben sich sämtliche reguläre Rentenantritte mehrerer Jahrgänge in die zweite Jahreshälfte. Eine Frau, die beispielsweise im Frühjahr 1964 geboren ist, geht mit 60,5 Jahren in Pension – sprich: im Herbst 2024. Zur Jahresmitte 2024 steigt dann das gesetzliche Antrittsalter wieder plangemäß um weitere sechs Monate. Eine im Herbst 1964 geborene Frau geht dann also regulär im Herbst 2025, mit 61 Jahren nämlich, in Pension. Frauen, die wiederum im ersten Halbjahr 1965 geboren wurden, haben dann bereits ein gesetzliches Antrittsalter von 61,5 Jahren – was einem Pensionsantritt im Herbst 2026 entspricht. Das Schema zieht sich durch bis zu jenen, die im zweiten Halbjahr 1968 zur Welt kamen und mit 65 ohne Abschläge in Pension gehen können.
SPÖ-Antrag im Parlament
Zurück zur Teuerung, die Experten zufolge noch mehrere Jahre hoch bleiben dürfte: All diese Frauen starten dann mit abgesenkten Pensionserhöhungen in die Rente. In normalen Zeiten mit geringer Inflation fiele das nicht übermäßig ins Gewicht, bei Teuerungsraten an die zehn Prozent geht es dabei aber um viel Geld. SPÖ-Frauensprecherin Eva Holzleitner rechnet am Beispiel der derzeitigen Teuerung vor, dass der Unterschied zwischen einer ASVG-Durchschnittspensionistin, die im Jänner in Pension geht und einer, die im November die Rente antritt, eine vierstellige Summe in der Jahrespension beträgt. Weil man die erste Erhöhung von Jahr zu Jahr mitnimmt, steigt der Unterschied kontinuierlich an. „Sehenden Auges steuern wir auf eine Situation zu, in der Frauen chronisch benachteiligt werden“, sagt Holzleitner. „Diese Ungerechtigkeit muss dringend verhindert werden“, sagt die Rote, sie spricht gar von „Pensionsraub“. In der heutigen Parlamentssitzung beantragt die SPÖ daher ein Ende der Aliquotierung – mit wenig Aussucht auf Erfolg, wie man aus der Koalition hört: Laut Sozialministerium will man sich der Frage, ob die Staffelung neuerlich abgemildert wird, erst annehmen, wenn die nächste planmäßige Pensionanpassung ansteht. Und das ist erst im Sommer 2023 wieder der Fall.