Wien Energie. Die Opposition fordert Rechte wie im Bund, um die Causa Wien Energie aufzuklären. Das hat seinen Grund.
Die Untersuchungskommission zu den finanziellen Turbulenzen der Wien Energie im Sommer nimmt Fahrt auf. Nach Peter Weinel (Vizegeneraldirektor der Stadtwerke) und Michael Strebl, (Geschäftsführer der Wien Energie) sind am Mittwoch Stadtwerke-Generaldirektor Martin Krajcsir und Magistratsdirektor Dietmar Griebler – der auch dem Aufsichtsrat der Wiener Stadtwerke GmbH vorsitzt – an der Reihe.
Bereits im Vorfeld gab es Kritik: Nicht nur die ÖVP beklagte mangelnde Aktenlieferungen und einen „Demokratiemangel“in Wien. Bei einem U-Ausschuss im Bund seien die Rechte der Abgeordneten viel größer. Das eröffnet folgende fünf Fragen.
1 Hat die Opposition auf Bundesebene wirklich mehr Rechte?
Die Antwort ist relativ einfach und lautet: Ja. Obwohl beide ähnlich klingen, gibt es zwischen U-Ausschuss (Bund) und U-Kommission (Gemeinde Wien) massive rechtliche Unterschiede. Die Kompetenzen des U-Ausschusses sind größer als jene der U-Kommission auf Gemeindeebene. die
Die U-Kommission auf Gemeindeebene ist rechtlich hingegen eine Verwaltungsbehörde. Das bedeutet: Beweisanträge, die über den Untersuchungsgegenstand hinausgehen, sind unzulässig. Die Vorlage von Unterlagen müssen per Amtshilfe angefordert werden. Und der Magistrat muss darauf achten, dass die U-Kommission rechtlich befugt ist, eine Unterlage geliefert zu bekommen (Amtsgeheimnis, Datenschutz).
Eine Gemeinsamk eit: Der Gegenstand der Prüfung muss im Wirkungsbereich der Gemeinde selbst liegen (beim Bund in dessen Bereich). Umgelegt auf die Wien Energie bedeutet das: Der städtische Energieversorger selbst darf nicht von einer U-Kommission des Gemeinderats geprüft werden – weil sie ein ausgegliedertes Unter
nehmen ist, auf dem freien Markt agiert und nicht mehr im Wirkungsbereich des Gemeinderats liegt – selbst wenn die Eigentümerin die Stadt ist. Die ausgegliederte Wien Energie unterliegt generell keinem politischen Organ, was ein weiterer rechtlicher Punkt gegen eine direkte Prüfung ist.
3 Wie sieht es mit den Kompetenzen desU-AusschussesimBundaus?
Der U-Aussschuss kann abgeschlossene Vorgänge in der Vollziehung des Bundes prüfen. Bei der gemeinderätlichen U-Kommission muss der Vorgang dagegen nicht abgeschlossen sein – wie die U-Kommission zum (damals in Bau befindlichen) Spital Nord gezeigt hat. Wie bei der U-Kommission hat der U-Ausschuss die Möglichkeit, Zeugen zwangsweise vorführen zu lassen. „Auf Bundesebene geht das leichter“, erklärt Erwin
Streimelweger, Leiter der Gruppe Verfassungsrecht der Wiener Magistratsdirektion.
4 Warum hat der Ausschuss (Bund) mehr Rechte als die Kommission?
„Das liegt an der Bundesverfassung“, erklärt Streimelweger. „Es ist eine andere Konstruktion. Beim U-Ausschuss gebe es verfassungsrechtliche Vorgaben zur Vorlage von Unterlagen und Einschränkungen von Verschwiegenheitspflichten (Rechte Dritter, Amtsverschwiegenheit). Das bedeutet: Im Bund sind besondere Regelungen für einen U-Ausschuss in der Verfassung verankert worden.
Der U-Ausschuss wurde mit Verfassungsbestimmungen also rechtlich ganz speziell aufgestellt, um ungehinde rt prüfen zu können. Beispielsweise ist das Amtsgeheimnis nahezu aufgehoben worden. Für eine U-Kommission auf Gemeindeebene hingegen gelten diese Ausnahmen nicht – und können auch nicht vom Landesgesetzgeber geschaffen werden.
5 Was, wenn die Regierung bei der Aktenlieferung mauert?
Der U-Ausschuss im Bund darf im Streitfall das Höchstgericht als Schiedsrichter anrufen. Diese Regelung existiert in Wien nicht. Im Streitfall entscheidet der Vorsitzende der Kommission. Er ist immer von der Regierungsfraktion.
In einem Punkt ist Wien allerdings deutlich weiter als der Bund: Vorsitzender des U-Ausschusses ist ein Politiker (Nationalratspräsident), bei der Wiener U-Kommission ein unabhängiger Richter.