Die Presse

Gegen Inflation hilft leider keine Gießkanne

Die EZB bekämpft endlich die Teuerung, doch die Regierunge­n bremsen.

- MEINT josef.urschitz@diepresse.com

Diesen Donnerstag wird die EZB die Zinsen erneut kräftig um wahrschein­lich 0,5 Prozentpun­kte erhöhen. Es wird nicht die letzte Zinsanhebu­ng sein.

Und das wird jetzt richtig interessan­t: EZB-Chefin Christine Lagarde, die die Inflation viel zu lang kleingered­et hat, ist nun ins Lager der inflations­bekämpfend­en Falken gewechselt. Während sich aufseiten der Eurozonen-Regierunge­n der inflations­treibende „Koste es, was es wolle“-Gießkannen­sozialismu­s weiter ausbreitet. Die Rolle des Inflations­treibers Nummer eins ist also von der EZB auf die Regierunge­n übergegang­en.

Das macht die Lage gefährlich. Denn die Notenbank hat es in ihrer Inflations­bekämpfung­sstrategie schon allein schwer genug: Sie kann bei Weitem nicht so mächtig in die anhaltend viel zu hohe Teuerung hineingrät­schen, wie das während der letzten Inflations­krise in den Siebzigerj­ahren erfolgreic­h der Fall war.

Wegen der unterdesse­n eingetrete­nen Staatsschu­ldenexplos­ion muss sie einen heiklen Balanceakt vollführen: die Zinsschrau­be so weit anziehen und die Geldschwem­me so weit eindämmen, dass das merkbare Auswirkung­en auf die Teuerung hat. Aber nur so stark, dass dabei nicht Schulden-Sorgenkind­er wie etwa Italien wegen explodiere­nder Zinszahlun­gen über die Klinge springen.

Bei diesem Balanceakt sollte sie von den Staaten eigentlich unterstütz­t werden. Und nicht, so wie jetzt, konterkari­ert. Am Beispiel Österreich: Von den fast 50 Milliarden Euro, die seit Beginn der Coronakris­e per Gießkanne ausgeschüt­tet wurden, waren viele Hilfen wirklich notwendig und sinnvoll. Viele mangels Zielgerich­tetheit aber vergeudete­s Geld. Und nicht wenige Millionen einfach unverschäm­te Bedienung von politische­n Vorfeld-Freunderln, von den oberösterr­eichischen Senioren bis zu den Tiroler Jungbauern.

Das gehört jetzt aufgearbei­tet. Denn nur so können Auswüchse abgestellt werden. Diese Einsicht ist die Grundvorau­ssetzung dafür, dass die Inflation, die uns gerade den größten realen Einkommens- und Vermögensv­erlust seit dem Zweiten Weltkrieg beschert, unter Kontrolle kommt. Leider ist davon nicht viel zu sehen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria