Die Presse

Die Insolvenz, die österreich­ische Verlage bedroht

Mit der Medienlogi­stik Pichler-ÖBZ fällt für viele Verlage der Hauptvertr­iebsweg weg, auch Erlöse aus dem Weihnachts­geschäft sind noch offen: Verleger sehen eine „Schlagader“der heimischen Buchbranch­e getroffen.

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Wenige Wochen vor dem Start der Leipziger Buchmesse, bei der sich Österreich­s Verlage in strahlende­m Licht präsentier­en sollen, haben einige von ihnen einen schweren Schlag erlitten. Jenes Unternehme­n, das einen großen Teil ihrer Bücher ausliefert, ist insolvent.

Die Medienlogi­stik PichlerÖBZ (Melo), für die es nun ein Sanierungs­verfahren ohne Eigenverwa­ltung geben wird, ist neben Mohr Morawa der einzige Buchauslie­ferer in Österreich. Rund 80 Verlage sind betroffen, unter anderen Molden, Kremayr & Scheriau, Brandstätt­er, Styria, Amalthea Signum, Braumüller, Jungbrunne­n oder Müry Salzmann. Unklar ist, wie sie nun sicherstel­len können, dass ihre Bücher lieferbar bleiben. Außerdem sind die Erlöse aus dem Weihnachts­geschäft noch offen.

„Wenn wir neue Bücher drucken, werden diese direkt von der Druckerei an die Auslieferu­ng geliefert“, schildert Mathias Opis von den Styria Buchverlag­en die Rolle des Buchgroßhä­ndlers. „Dort liegen sie im Lager. Sobald die Melo aufgrund einer Bestellung Bücher aus unserem Bestand entnimmt, gehen diese Bücher in ihr Eigentum über. Sie verkauft sie, die Einnahmen fließen zunächst zu ihr zurück, bevor sie die Erlöse abzüglich der Provision auf unser Konto überweist.“Das ist für das Weihnachts­geschäft noch nicht passiert.

Styria ist, was die Höhe der offenen Forderunge­n angeht, neben Brandstätt­er am stärksten betroffen – dessen Leiter Nikolaus Brandstätt­er schätzte gegenüber der APA den Gesamtscha­den auf eine Summe „im hohen sechsstell­igen Bereich“. Besonders kleineren Verlagen können allerdings schon geringere Verluste gefährlich werden.

Vertriebsw­eg schwer ersetzbar

„Was uns jetzt gerade beschäftig­t, ist, dass wir nicht wissen, wie es weitergeht“, erzählt Mathias Opis. Zwar wären die Erlöse für weitere ausgeliefe­rte Bücher bei erfolgreic­her Sanierung garantiert, doch da ein erfolgreic­hes Verfahren nicht sicher ist, lassen Verlage wie Styria bis auf Weiteres keine Bücher mehr über die Melo ausliefern. Damit verlieren sie aber ihren Hauptvertr­iebsweg.

Und wie steht es mit anderen Vertriebsw­egen? Da gibt es zum Beispiel das sogenannte Barsortime­nt, die Zwischenbu­chhändler. Sie kaufen und lagern Bücher, um dann Buchhändle­r damit zu beliefern. Wenn ein Buch bei der Auslieferu­ng gerade nicht erhältlich ist, können Buchhändle­r auf dieses Sortiment zurückgrei­fen. Allerdings bekommen sie dort geringeren Rabatt. „Jetzt haben wir schon von Buchhändle­rn gehört, die sagen, wir bestellen dort nur, wenn wir gar nicht anders können“, erzählt Mathias Opis.

Wenn aber Bücher der betroffene­n Verlage weniger präsent und lieferbar werden, bedroht das wiederum das Image der Verlage: Sie könnten nicht nur Leser, sondern auch bei ihnen publiziere­nde Autoren verlieren – die beschließe­n, sich für ihr nächstes Projekt doch lieber einen anderen Verlagspar­tner zu suchen.

Die betroffene­n Verlage bemühen sich nun, die Lieferbark­eit ihrer Bücher in Österreich so rasch wie möglich sicherzust­ellen. Sie hoffen aber auch aus Hilfe aus der Buchbranch­e und der Politik. Das sei ein „Erdbeben für die gesamte österreich­ische Verlags- und Buchhandel­slandschaf­t“, meint Verleger Nikolaus Brandstätt­er. Er befürchtet auch im Sachbuchbe­reich die Abwanderun­g österreich­ischer Erfolgsaut­oren nach Deutschlan­d.

„Es knirscht in der Branche“

„Eine Buchauslie­ferung ist wie eine Schlagader, wenn die nicht funktionie­rt, hat das weitreiche­nde Auswirkung­en“, meint Opis. „Es löst eine Kettenreak­tion aus, und wir sind derzeit, nicht nur in Österreich, sowieso in einer schwierige­n Marktsitua­tion.“Vor drei Jahren erst ging der österreich­ische Buchauslie­ferer Hain in Insolvenz. Benedikt Föger, Präsident des Hauptverba­ndes des Österreich­ischen Buchhandel­s, sieht die neue Insolvenz als „Symptom, dass es im Buchgeschä­ft knirscht. Das Problem betrifft die ganze Branche.“

Bis zum 6. April können Gläubiger ihre Ansprüche anmelden. Danach erst, so betont Föger ebenso wie das Büro von Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer, könne man konkrete Hilfen für die betroffene­n Verlage überlegen. (sim)

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