Neuer Schwung im Karriereplan
Statt in den USA spielt Emma Spitz, 22, in Europa ihre erste volle Profi-Saison. Eine wichtige Lektion, die aber nichts am Ziel ändert: LPGA Tour.
Eigentlich hätte der Karriereplan für Emma Spitz dieses Jahr den Abschlag bei der LPGA Tour vorgesehen. Und dieser Plan war bislang so gut wie immer aufgegangen. Erfolgreichen Jahren im Nachwuchs folgten College-Golf für die University of California in Los Angeles, der Wechsel ins ProfiLager vergangenen Sommer und vier Top-Ten-Plätze in den ersten sieben Turnieren in Europa. Bei der Tour School im November aber kam die Niederösterreicherin nicht in Schwung, verpasste die Qualifikation. „Das erste Mal in meiner Karriere ist es nicht so gelaufen. Das muss man im Sport akzeptieren, es läuft nicht immer nach Plan“, sagt die 22-Jährige.
Gut zwei Monate später hat Spitz den Misserfolg in Florida abgehakt. Der tückische Wind, das fehlende hundertprozentige Vertrauen in den eigenen Schwung und die eigene Ungeduld nach den
ersten Fehlern seien ohnehin nicht mehr zu ändern. Vielmehr konzentriert sie sich auf die positive Folgen dieser Lektion. „Familie, Freund, Trainer haben mir alle geholfen, nach vorn zu schauen, Sachen zu verbessern und die nächste Option zu nutzen“, sagt sie und ist überzeugt: „Das wird mir noch öfter passieren, je früher man das also versteht, desto besser.“
Spitz selbst drehte bereits einen Monat später das Momentum wieder ins Positive, spielte sich souverän durch die gesamte Qualifikation der Ladies European Tour (LET) und löste als Gesamtsechste die Spielberechtigung für die neue Saison, in der sie ab Donnerstag in Kenia abschlagen wird. „Vielleicht hat es gar nicht geschadet, die erste Stage spielen zu müssen, denn dadurch hatte ich Zeit, um Selbstvertrauen zurückzubekommen“, erinnert sich die 22-Jährige an die Wochen in Malaga.
Ist Europa in Anbetracht der wesentlich lukrativeren Turniere und der größeren Aufmerksamkeit für Spitz bislang nur Plan B gewesen, sieht sie es nun als „keine schlechte Option, um sich weiterzuentwickeln und das Profi-Leben kennenzulernen“. Das unterscheidet sich, wie sie in den vergangenen Monaten bereits gemerkt hat,
doch signifikant von ihrer Zeit am US-College. Ob beim wesentlich dichteren Turnierprogramm – geplant sind rund 25 Antritte – oder bei Reiseplanung und Hotel-Leben („Davor hat die Uni alles gemacht, man musste nur irgendwann wo auftauchen“), die Umstellung ist trotz organisatorischer Unterstützung durch die Mutter groß. „Man muss vor allem lernen, wenn es einmal nicht läuft, einfach weiter zu versuchen, gut zu spielen.“
Eine große Hilfe sind auch die beiden anderen Österreicherinnen, Christine Fuschelberger (ehemals Wolf) und Sarah Schober. „Sie haben mich sofort in die Gruppe aufgenommen.“
Mehr als Plan B
Obgleich Spitz für die zweitklassige US-Tour spielberechtigt wäre, legt sie den Fokus heuer ausschließlich auf Europa, zumal Einladungen zu LPGA-Turnieren ein rares Gut sind. An der finanziellen Aufstellung hat das nicht viel geändert, auf rund 100.000 Euro werden sich die Kosten für die Saison belaufen. Selbst als einstige Nummer fünf der Amateurweltrangliste war die Sponsorensuche nicht leicht, wie die Drittplatzierte des Augusta National Women’s Amateur 2021 berichtet. Sie fühlt sich dennoch gut aufgestellt, das Team um den früheren Nationaltrainer Daniel Lamprecht hat sich nicht geändert, ein fixer Caddie ist, wiewohl kostspieliger, der Wunsch. „Wenn man es ganz nach vorn schaffen will, dann muss man ein bisschen investieren“, so Spitz.
Die Herausforderung für die volle Premierensaison ist klar: „Das Niveau in Europa wird immer besser. Es ist sicher leichter, mein Spiel oder Teile davon zu verbessern und so zu Ergebnissen zu kommen“, sagt die 22-Jährige. „Man bekommt auch dort nichts geschenkt, sondern muss wirklich gut spielen.“Dank ihrer Erfolge als Amateurin (unter anderem 2018 der Sieg beim prestigeträchtigen Girls’ Amateur Championship in St. Andrews) durfte die Göllersdorferin bei den British Open 2019 und US Open 2020 schon zwei Mal Major-Luft schnuppern. Dorthin möchte sie es nun auch als Profi schaffen – und erstmals den Cut. „Man kann nie früh genug Major spielen, und die beiden Male haben Lust auf mehr gemacht.“
Auf Sicht aber bleibt für Spitz die LPGA Tour das große Ziel. Mit einem Top-Ten-Platz in der europäischen Jahreswertung würde sie im Gegensatz zum Vorjahr erst in der finalen Phase einsteigen müssen. Was es dafür brauchen wird? „Ich muss dort weitermachen, wo ich im Sommer angefangen habe. Das ist realistisch“, sagt Spitz. Denn letztlich soll sich der Karriereplan nur kurz verschieben.
Das Niveau in Europa wird immer besser. Man bekommt nichts geschenkt, sondern muss gut spielen.
Emma Spitz