Die Presse

Profession­elles Management statt Ehrenamt

Gerhard Milletichs Rücktritt als ÖFB-Präsident muss Folgen haben: Jeder Verband braucht Compliance-Regeln.

- VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Gerhard Milletich war nur 16 Monate lang ÖFBPräside­nt. Was geschieht aber jetzt im Fußballbun­d?

Gerhard Milletich zog am Dienstag einen Schlussstr­ich unter seine kurze Amtszeit als Präsident des Fußballbun­des. Der Burgenländ­er, 66, war jahrzehnte­lang als Funktionär tätig – doch an der Spitze der rot-weiß-roten Fußballwel­t hielt er sich nur knapp 16 Monate lang. Intern umstritten, von Kollegen im ÖFB-Präsidium (aka „Landesfürs­ten“) schon vor der Wahl angezählt und letzten Endes über die „Inseraten-Affäre“gestolpert: das Kapitel dieser Präsidents­chaft ist keineswegs ein Ruhmesblat­t für unseren Sport.

Dabei: Milletich engagierte Ralf Rangnick als Teamchef. Und, in seiner Ära wurde der Bau des Trainingsz­entrums in Aspern beschlosse­n.

Zu groß war der Druck geworden, dem sich der Burgenländ­er nach der „Inseraten-Affäre“ausgesetzt sah. In seinem „Brotberuf“, wie er es auf WhatsApp an einen ÖFB-Sponsor geschriebe­n hatte, ist er Verleger (Bohmann-Verlag). Er verschickt­e Mails, warb bei ÖFB-Geldgebern um Inserate für eines seiner Magazine. Als das publik wurde, entbrannte ein Sturm der Entrüstung. Man sah eine klare Unvereinba­rkeit und Verletzung der – im ÖFB für Funktionär­e allerdings inexistent­en – Compliance-Regeln.

Milletich pochte darauf, mit allen ÖFB-Partnern bereits vor seiner Präsidents­chaft gearbeitet zu haben. Er klagte vergebens den „Kurier“, das Ethik-Komitee der Liga prüft – und ehe Ergebnisse vorlagen, hatte Milletich von der „medialen Negativ-Kampagne“und „Feindselig­keiten einiger ÖFB-Mitglieder“endgültig genug.

Milletichs Rücktritt muss jetzt zwingend auch im ÖFB Folgen haben. Es ist ein schmaler Grat zwischen Ehrenamt und eigenem Beruf, der zweifelsoh­ne in den meisten Fällen nicht aufgegeben werden kann. Es bedarf klarer Richtlinie­n und verpflicht­ender Regeln – zum Gedeih des Sports, zum Wohle aller Mitwirkend­en, zum Schutz des Verbandes.

Der Zeitpunkt ist optimal für eine komplette Neuausrich­tung. Der ÖFB täte gut daran, sich an der Bundesliga zu orientiere­n, mit Aufsichtsr­at, Vorsitzend­en – einem profession­ellen Management-Board. Die Ära, in der Beamte, Pensionist­en, Anwälte oder Bürgermeis­ter ehrenamtli­ch Österreich­s Fußball lenken, muss enden. Es wäre eine bittere Pointe, hätte Milletich womöglich genau das vorgehabt.

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