Dieser „Figaro“sprüht noch immer vor Witz
Marco Arturo Marellis Inszenierung von „Le Nozze di Figaro“sorgte auch bei der Wiederaufnahme für viele Lacher. Julian Rachlin debütierte als Operndirigent, Lauren Urquhart ist eine exzellente Susanna.
Graf und Cherubino wechseln in Susannas Zimmer rasch ihre Plätze unter und auf dem Bett, es gibt viel Aktion, etwa beim Versteckspiel hinter Hecken, und stimmige Details wie ein Band, nach dem der Graf Susanna haschen lässt: Die Inszenierung von Marco Arturo Marelli aus dem Jahr 2012 sprüht vor Witz und Tempo – und nimmt sich öfter selbst auf die Schaufel. Wenn etwa zwar gesungen wird, dass alle Ausgänge verschlossen sind, der Graf dabei aber eine Tapetentür öffnet. Oder wenn Cherubino zum Pausenapplaus auftritt und alle ihn verfolgen wollen. Wenn die Mimik des Grafen zeigt, dass er schon früh Verdacht schöpft, hintergangen zu werden, als er im Bett der Gräfin eine Gitarre entdeckt.
Vor dem dynamisch einsetzbaren Bühnenbild von Dagmar Niefind, die Wände mit barocken Gemälden auf- und zugehen lässt, läuft das Verwirrspiel des „tollen Tags“somit flott ab. Gesungen wurde nun aber, im Gegensatz zur Premiere, auf Italienisch – und von fast lauter Rollendebütanten.
Julian Rachlin, ehemals Stargeiger, nun erstmals am Pult des Orchesters der Volksoper, wusste neben den komischen auch die berührenden Momente zu unterstützen. So ließ er betont langsam spielen, wenn von Reue die Rede war. Kurz hatte er Tempodifferenzen mit den Sängern, seine wohl dosierte Gestaltung wurde dennoch zu Recht bejubelt.
Erfreuliches Ensemble
Lauren Urquhart ist eine exzellente Susanna. Stimmlich sicher und klar mimt sie ein selbstbewusstes und zugleich einfühlsames Kammermädchen. Herzig, wie offensichtlich sie und Figaro flirten dürfen: ein Küsschen hier, ein Klaps mit dem Polster auf den Po da – die Vertrautheit ist augenscheinlich. Evan Hughes spielt den Figaro kampfeslustig und mit meist voller Stimme – einzig die tiefsten Töne seiner Partie liegen ihm nicht ganz so gut. Sonst aber ist sein Gesang warm und samten. Und viel Lust sieht man ihm an, wenn er dem Grafen einen Strich durch die Rechnung macht. Diesen singt Orhan Yildiz, schon aus der Staatsoper als verlässlicher Interpret bekannt. Kamila Dutkowska, Mitglied des neuen Opernstudios, ist eine sensible Gräfin, Wallis Giunta ein quirliger, stimmlich wie darstellerisch intensiver Cherubino. Dieser wird hier weniger als verwirrter Jüngling, als der er sich bezeichnet, mehr als von Leidenschaft erfasster Mann gezeigt.
Fazit: Bevor Barrie Kosky im März seine Neuinszenierung an der Staatsoper herausbringt, hat man an der Volksoper eine temporeiche, zeitlose, witzige und stimmige Version zurück auf den Spielplan geholt.