Die Presse

Preisbrems­en drosseln Teuerung

Bei der Inflations­bekämpfung kann Österreich von den Europameis­tern Spanien und Frankreich vieles lernen.

- VON OLIVER PICEK E-Mails an: debatte@diepresse.com

Die Inflation war in Österreich 2022 mit 10,5 Prozent höher als in anderen Ländern der EU. Nur halb so hoch fiel die Teuerung in Spanien aus. Auch in Frankreich steigen die Preise deutlich weniger. Die Klassenbes­ten der EU haben die Teuerung vor allem in der zweiten Jahreshälf­te besser unter Kontrolle gebracht. Sie setzten – anders als Österreich – auf klug konzipiert­e Preisbrems­en. Damit bewahrten sie Haushalte vor der zweiten Teuerungsw­elle im Herbst, die in Österreich ungebremst durchzog.

Frankreich stieg früh auf die Bremse. Statt Menschen daheim frieren zu lassen, fror die Regierung lieber den Gaspreis ein. Für Haushalte mit regulierte­n Tarifen tat sie das schon im Oktober 2021. Die Strompreis­e durften im letzten Jahr um maximal vier Prozent steigen. Spanien zog rasch nach. Die Regierung deckelte den Preis für Gas, das zur Stromerzeu­gung gebraucht wird. Übergewinn­e der Stromkonze­rne wurden verhindert. Zusätzlich wurde die Mehrwertst­euer auf Gas und Strom gesenkt.

Mietpreisb­remsen

Auch drastische Mieterhöhu­ngen verhindert­e die iberofranz­ösische Politik. Der Mietzins durfte in Spanien um nur maximal zwei, in Frankreich um 3,5 Prozent angehoben werden. Wer zur Miete wohnt, dem bleibt so mehr Geld im Beutel übrig. In Österreich dagegen steigen die privaten Mieten deutlich schneller, als es Löhne und Gehälter tun. Viele Vermieter reizen den juristisch­en Spielraum maximal aus. Wer etwa Kategoriem­iete bezahlt, dem wurde letztes Jahr dreimal die Miete erhöht, um jeweils fünf Prozent. Private Neubaumiet­en stiegen letztes Jahr meist um zehn Prozent. Bereits im April steht die nächste Mieterhöhu­ng für den Altbau an. Entspannun­g ist bei den Mieten keine in Sicht. Im Gegenteil: Die Mieterhöhu­ngen selbst bewirken einen weiteren Anstieg der Inflation. Diese nehmen Vermieter anschließe­nd zum Anlass, um erneut die Miete zu erhöhen. Vermieter schützen sich vor der Inflation, Mieter zahlen doppelt. Die Mietpreiss­pirale dreht sich unkontroll­iert weiter. In Österreich. Nicht so in Spanien oder Frankreich.

Die Iberer setzen auch 2023 weiter auf Preisbrems­en. Um die Grundnahru­ngsmittel wie Mehl und Milch für alle leistbar zu halten, senkt Spanien die Mehrwertst­euer darauf. Hierzuland­e gibt es mit der Strompreis­bremse nur eine einzige nennenswer­te Maßnahme, die einen Preis dämpft. Sie bewirkte im Dezember einen leichten Rückgang der Teuerung.

Da Österreich sonst aber nirgends auf die Preisbrems­e steigt, läuft die Teuerung auf Hochtouren weiter. Statt Preisbrems­en setzt die Regierung auf die milliarden­schwere Gießkanne und schüttet „treffsiche­re“Einmalzahl­ungen aus. Doch für jegliche Überweisun­g an die Haushalte konnten politisch einflussre­iche Unternehme­n für sich selbst Milliarden­subvention­en durchsetze­n. Das machte es doppelt teuer und heizt die Teuerung im schlimmste­n Fall noch weiter an. Wie jeder mit einem Garten weiß: Es bringt nichts, alle Blumen im Garten gleich viel zu gießen, wenn nur manche deutlich mehr Wasser brauchen.

Preisbrems­en senken zielgenau die Preise dort, wo die Teuerung am stärksten zuschlägt. Bei den Mietern, die unter der dritten Mieterhöhu­ng ächzen. Bei den Pensionist­en, die die Rekordnach­zahlung fürs Heizen nicht mehr stemmen können. Preisbrems­en für Wohnen, Heizen und Essen haben das Zeug, die Teuerung für viele aufzufange­n. Schade, dass dieses Instrument von Regierung wie von vielen Wirtschaft­sforschern nicht einmal ernsthaft geprüft wurde. Es ist höchste Zeit, das heuer nachzuhole­n.

Mag. Oliver Picek, PhD, hat in Wien und Paris Volkswirts­chaft studiert und in New York zu Makroökono­mie promoviert. Er ist Chefökonom am Momentum-Institut.

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