Warum der Wind plötzlich viermal so viel kostet
Die Burgenland Energie verkauft nach eigenen Angaben hauptsächlich Ökostrom. Dennoch explodieren jetzt die Preise. Irgendetwas stimmt da nicht.
Vielleicht wirkt schon die Ankündigung: Vor Kurzem gaben die Bundeswettbewerbsbehörde und die E-Control bekannt, dass ihnen die Geschäftspraktiken heimischer Energieversorger etwas seltsam vorkämen. Eine gemeinsame Taskforce werde prüfen, ob die enormen Preiserhöhungen für Strom und Gas gerechtfertigt seien, hieß es.
Das ist gut und kommt keinen Tag zu früh. In den sozialen Medien werden seit Monaten Strom- und Gasvorschreibungen veröffentlicht, die man gern für einen Scherz halten würde. Dummerweise sind sie alle ernst gemeint. Welche betriebswirtschaftlichen Gründe jeweils dahinterstecken mögen, ist für Normalsterbliche nicht feststellbar. Oder kennen Sie jemanden, der die eigene Energierechnung versteht? Viele Geheimdienste wären froh, sie wären in der Lage, Informationen so genial zu verschlüsseln wie hiesige Energiekonzerne die Kommunikation mit ihren Kunden.
Die Burgenland Energie ging zuletzt neue Wege – und versuchte nicht einmal mehr, irgendetwas zu erklären. Das Unternehmen verschickte absurd hohe Vorschreibungen für Strom und Gas mit folgender Begründung: „Ihre Teilbeträge werden aufgrund Ihres Verbrauchs und anderer wesentlicher Faktoren, wie zum Beispiel Preisanpassungen etc., entsprechend angepasst.“Im Burgenland war die Aufregung groß. Stephan Sharma, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, musste die Handbremse ziehen und versprach bei einem etwas nervösen Auftritt im ORF-Landesstudio, dass bald neue Briefe verschickt würden.
Wie die meisten Voll- und Teilzeitburgenländer bin ich Kundin des Landesenergieversorgers. Und ich muss zugeben: Wir hatten einen entspannten Herbst. Während in anderen Regionen schon kräftig die Preise stiegen, kam von der Burgenland Energie kein Mucks. Womöglich lag das an den Gemeinderatswahlen Anfang Oktober. Schlecht gelaunte Bürger, die auf Rache sinnen, braucht man bei so einem Anlass wirklich nicht.
Kurz vor dem Jahreswechsel (also noch vor der aktuellen Korrespondenz) erreichte mich dann ein launiges Schreiben, das mit Eigenlob begann: „Burgenland Energie ist Ihr verlässlicher und stabiler Partner in allen Energiefragen.“Leider sei der Strompreisindex gestiegen, weshalb Anpassungen nötig seien, ging es weiter im Plauderton. Erst auf Seite drei erfuhr ich den genauen Grund der Kontaktaufnahme: Die Burgenland Energie erhöht den Preis von rund 14 Cent brutto je Kilowattstunde auf rund 62 Cent – also auf das Viereinhalbfache. Nach Abzug eines generös gewährten Stammkundenrabatts sind die Kosten immer noch fast dreimal so hoch wie bisher. Kein Problem, meint das Unternehmen. Schließlich gebe es ja auch noch die Stromkostenbremse des Bundes, die den Preis für den Großteil der Kunden wieder auf etwa 15 Cent pro Kilowattstunde senkt.
Wir leben in schwierigen Zeiten, klar. Seltsam ist nur, dass sich die Energie Burgenland auf der eigenen Homepage brüstet, Österreichs größter Produzent von Windstrom zu sein. Rechnerisch sei das Bundesland bereits seit 2013 stromautark, heißt es dort. Soviel ich weiß, weht der Wind nach wie vor gratis. Selbst wenn Zukäufe nötig sind, könnte der Konzern angesichts der enormen Gewinne aus dieser Sparte sie viel billiger anbieten. Anders als der Verbund ist die BE nicht an der Börse; gierige Aktionäre muss man also nicht zufriedenstellen. Warum dann die knackige Preiserhöhung? Weil man derzeit damit durchkommt und weil der Bund mitzahlt. Die Stromkostenbremse wirkt auf heimische Energieversorger wie Speck auf Mäuse. Selbstkasteiung war gestern, jetzt winkt der Staat (also wir Steuerzahler) mit bis zu 30 Cent Subvention pro Kilowattstunde. Ein unwiderstehliches Angebot.
Burgenlands Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil, profiliert sich gern als wackerer Kämpfer gegen kapitalistische Unsitten. Beim mehrheitlich dem Land gehörenden Energieversorger hätte er damit bis auf Weiteres genug zu tun.
Rechnerisch sei das Bundesland bereits seit 2013 stromautark. Soviel ich weiß, weht der Wind nach wie vor gratis.