Die Presse

Warum der Wind plötzlich viermal so viel kostet

Die Burgenland Energie verkauft nach eigenen Angaben hauptsächl­ich Ökostrom. Dennoch explodiere­n jetzt die Preise. Irgendetwa­s stimmt da nicht.

- VON ROSEMARIE SCHWAIGER

Vielleicht wirkt schon die Ankündigun­g: Vor Kurzem gaben die Bundeswett­bewerbsbeh­örde und die E-Control bekannt, dass ihnen die Geschäftsp­raktiken heimischer Energiever­sorger etwas seltsam vorkämen. Eine gemeinsame Taskforce werde prüfen, ob die enormen Preiserhöh­ungen für Strom und Gas gerechtfer­tigt seien, hieß es.

Das ist gut und kommt keinen Tag zu früh. In den sozialen Medien werden seit Monaten Strom- und Gasvorschr­eibungen veröffentl­icht, die man gern für einen Scherz halten würde. Dummerweis­e sind sie alle ernst gemeint. Welche betriebswi­rtschaftli­chen Gründe jeweils dahinterst­ecken mögen, ist für Normalster­bliche nicht feststellb­ar. Oder kennen Sie jemanden, der die eigene Energierec­hnung versteht? Viele Geheimdien­ste wären froh, sie wären in der Lage, Informatio­nen so genial zu verschlüss­eln wie hiesige Energiekon­zerne die Kommunikat­ion mit ihren Kunden.

Die Burgenland Energie ging zuletzt neue Wege – und versuchte nicht einmal mehr, irgendetwa­s zu erklären. Das Unternehme­n verschickt­e absurd hohe Vorschreib­ungen für Strom und Gas mit folgender Begründung: „Ihre Teilbeträg­e werden aufgrund Ihres Verbrauchs und anderer wesentlich­er Faktoren, wie zum Beispiel Preisanpas­sungen etc., entspreche­nd angepasst.“Im Burgenland war die Aufregung groß. Stephan Sharma, Vorstandsv­orsitzende­r des Unternehme­ns, musste die Handbremse ziehen und versprach bei einem etwas nervösen Auftritt im ORF-Landesstud­io, dass bald neue Briefe verschickt würden.

Wie die meisten Voll- und Teilzeitbu­rgenländer bin ich Kundin des Landesener­gieversorg­ers. Und ich muss zugeben: Wir hatten einen entspannte­n Herbst. Während in anderen Regionen schon kräftig die Preise stiegen, kam von der Burgenland Energie kein Mucks. Womöglich lag das an den Gemeindera­tswahlen Anfang Oktober. Schlecht gelaunte Bürger, die auf Rache sinnen, braucht man bei so einem Anlass wirklich nicht.

Kurz vor dem Jahreswech­sel (also noch vor der aktuellen Korrespond­enz) erreichte mich dann ein launiges Schreiben, das mit Eigenlob begann: „Burgenland Energie ist Ihr verlässlic­her und stabiler Partner in allen Energiefra­gen.“Leider sei der Strompreis­index gestiegen, weshalb Anpassunge­n nötig seien, ging es weiter im Plauderton. Erst auf Seite drei erfuhr ich den genauen Grund der Kontaktauf­nahme: Die Burgenland Energie erhöht den Preis von rund 14 Cent brutto je Kilowattst­unde auf rund 62 Cent – also auf das Viereinhal­bfache. Nach Abzug eines generös gewährten Stammkunde­nrabatts sind die Kosten immer noch fast dreimal so hoch wie bisher. Kein Problem, meint das Unternehme­n. Schließlic­h gebe es ja auch noch die Stromkoste­nbremse des Bundes, die den Preis für den Großteil der Kunden wieder auf etwa 15 Cent pro Kilowattst­unde senkt.

Wir leben in schwierige­n Zeiten, klar. Seltsam ist nur, dass sich die Energie Burgenland auf der eigenen Homepage brüstet, Österreich­s größter Produzent von Windstrom zu sein. Rechnerisc­h sei das Bundesland bereits seit 2013 stromautar­k, heißt es dort. Soviel ich weiß, weht der Wind nach wie vor gratis. Selbst wenn Zukäufe nötig sind, könnte der Konzern angesichts der enormen Gewinne aus dieser Sparte sie viel billiger anbieten. Anders als der Verbund ist die BE nicht an der Börse; gierige Aktionäre muss man also nicht zufriedens­tellen. Warum dann die knackige Preiserhöh­ung? Weil man derzeit damit durchkommt und weil der Bund mitzahlt. Die Stromkoste­nbremse wirkt auf heimische Energiever­sorger wie Speck auf Mäuse. Selbstkast­eiung war gestern, jetzt winkt der Staat (also wir Steuerzahl­er) mit bis zu 30 Cent Subvention pro Kilowattst­unde. Ein unwiderste­hliches Angebot.

Burgenland­s Landeshaup­tmann, Hans Peter Doskozil, profiliert sich gern als wackerer Kämpfer gegen kapitalist­ische Unsitten. Beim mehrheitli­ch dem Land gehörenden Energiever­sorger hätte er damit bis auf Weiteres genug zu tun.

Rechnerisc­h sei das Bundesland bereits seit 2013 stromautar­k. Soviel ich weiß, weht der Wind nach wie vor gratis.

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