Die Presse

Die Eleganz und Schönheit der „Presse“-Verfassung

In eigener Sache: Wie „Die Presse“journalist­ische Qualität sicherstel­lt, warum das Redaktions­statut dabei hilft, und woran sich „Die Presse“messen lässt.

- VON FLORIAN ASAMER E-Mails an: florian.asamer@diepresse.com

Nach Niederöste­rreich, noch vor Kärnten und Salzburg hat also auch „Die Presse“gewählt. Deutlich über 100 Redakteuri­nnen und Redakteure haben am Donnerstag im Jubiläumsj­ahr des 175-jährigen Bestehens der Zeitung über eine neue Chefredakt­ion abgestimmt. Und diese mit sehr hoher Zustimmung bestätigt. Das Recht, einen vom Eigentümer gemachten Vorschlag auch abzulehnen, ist bereits seit 1974 im Redaktions­statut verbrieft, aber auch im Jahr 2023 für Qualitätsm­edien in Österreich keinesfall­s eine Selbstvers­tändlichke­it.

Dabei ist das Statut einer der Grundstein­e für profession­elle redaktione­lle Arbeit, sichert es doch „die journalist­ische Freiheit und Unabhängig­keit“der Redaktion im Rahmen der bürgerlich-liberalen Haltung des Blattes ab. Nun mag der Vergleich mit Landtagswa­hlen auf den ersten Blick hoch gegriffen sein. Vielleicht auch auf den zweiten. Aber in einer Phase, in der nicht nur Demokratie und Rechtsstaa­t, sondern auch die kontrollie­rende „vierte Gewalt“unter massiven Legitimati­onsdruck gekommen ist, hilft es da wie dort, auf die Verfassung zurückzugr­eifen. Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen hat rund um die turbulente­n Monate nach der Ibiza-Krise auf „die Eleganz und Schönheit“der von Hans Kelsen konzipiert­en Bundesverf­assung verwiesen, die sich besonders in schwierige­n Zeiten zeigten.

In der „Zeitungsve­rfassung“der „Presse“werden die essenziell­en Arbeitsbed­ingungen für Qualitätsj­ournalismu­s umschriebe­n und garantiert. Denn diese höchste Form des Journalism­us, den sich viele gern auf die Druckfahne­n schreiben, ist kein wolkiges Verspreche­n, sondern Ausfluss klarer Regeln für profession­ellen Journalism­us: das Handwerksz­eug eben. Es kann nicht oft genug festgehalt­en werden: Check, Re-Check, Doppelchec­k, audiatur et altera pars und die Trennung von Bericht und Kommentar, das alles gilt es strikt einzuhalte­n. Tag für Tag, auch dann, wenn wie so oft Eile geboten ist, sind doch Nachrichte­n oft verderblic­he Ware. Gerade wenn es oft kaum mehr einen nennenswer­ten Informatio­nsvorsprun­g von profession­ellen Medien gegenüber der Allgemeinh­eit gibt (vor zwanzig Jahren war es noch möglich, Agenturmel­dungen über ein Wochenende für die Montagsaus­gabe „aufzuheben“), macht das kompetente Prüfen von Nachrichte­n den Unterschie­d zwischen beliebigen News und relevanten Informatio­nen aus.

Und auch das geschieht natürlich nicht im luftleeren Raum. Jede Nachricht wird in ihrer Entstehung nachvollzi­ehbar gemacht, auf unseren Plattforme­n veröffentl­icht und dadurch mit den Ergebnisse­n anderer Medien vergleichb­ar. Deshalb ist Konkurrenz unter Medien für eine funktionie­rende Öffentlich­keit unerlässli­ch. Dazu kommt das wohl wichtigste Korrektiv: die Schwarmint­elligenz unserer Leserinnen und Leser. Erst durch diesen kritischen Blick der vielen wird die Nachricht quasi legiert oder aber relativier­t, manchmal sogar als Irrtum entlarvt. Diesen Fehler dann einzugeste­hen ist unerlässli­ch.

Doch das Redaktions­statut der „Presse“legt auch „die grundsätzl­iche Haltung des Blattes“verbindlic­h fest: „,Die Presse‘ vertritt in Unabhängig­keit von den politische­n Parteien bürgerlich­liberale Auffassung­en auf einem gehobenen Niveau. Sie tritt für die parlamenta­rische Demokratie auf der Grundlage des Mehrpartei­ensystems und für die Rechtsstaa­tlichkeit ein. Sie bekennt sich zu den Grundsätze­n der sozialen Gerechtigk­eit bei Aufrechter­haltung der Eigenveran­twortlichk­eit des Staatsbürg­ers, zur Wahrung des privaten Eigentums unter Beobachtun­g seiner Verpflicht­ungen gegenüber der Gesellscha­ft, zu den Grundsätze­n der sozialen Marktwirts­chaft, zur freien unternehme­rischen Initiative und zum Leistungsw­ettbewerb. Sie verteidigt die Grundfreih­eiten und Menschenre­chte und bekämpft alle Bestrebung­en, die geeignet sind, diese Freiheiten und Rechte oder die demokratis­che rechtsstaa­tliche Gesellscha­ftsordnung zu gefährden.“

Auch wenn diese Formulieru­ng bald 50 Jahre auf dem Buckel hat, gibt sie immer noch sehr genau wieder, woran Sie, liebe Leserinnen und Leser, uns auch in Zukunft messen sollen.

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