Immunsystem als effektivste Waffe gegen Krebs
Peter Llewellyn-Davies, CEO der invIOs GmbH, und die wissenschaftliche Leiterin, Romana Gugenberger, berichten über die Visionen des Biotechunternehmens.
Vor einem Jahr wurde in Wien das private Biotechnologieunternehmen invIOs GmbH gegründet. Der Name steht für „innovative Immuno-Oncology“und entwickelt neuartige Krebstherapien.
Wie ist Ihre Vision für invIOs? Peter Llewellyn-Davies:
invIOs ist aus der Ausgründung der Apeiron Biologics entstanden, Apeiron hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Krebsimmuntherapie. invIOs spezialisiert sich auf die Entwicklung von personalisierter Krebstherapie. Jeder Mensch hat Krebszellen im Körper. Bei einem gesunden Immunsystem werden diese Krebszellen vom eigenen Immunsystem zerstört, bei einem gestörten Immunsystem wächst der Tumor. Unsere Vision ist, dass das eigene Immunsystem des Patienten es schafft, den Krebs zu besiegen. Derzeit haben wir drei Therapieansätze in der klinischen und präklinischen Forschung. Ziel ist die ständige Weiterentwicklung. Dazu bedarf es ein starkes Team.
Was reizt Sie an der Leitung eines forschungs- und entwicklungsorientierten Biotech-Unternehmens?
Llewellyn-Davies: Es ist meine Leidenschaft, Unternehmen weiterzuentwickeln und Teams zu fördern. Schon als Vorstand bei Apeiron war mein oberstes Ziel, das Unternehmen und die Projekte auf den höchsten Stand der wissenschaftlichen Innovation zu bringen und dem Unternehmen Finanzierungen zu ermöglichen, mit denen man für den nächsten Schub gerüstet ist. Wir stehen heute an vorderster Front in der Bekämpfung von Krebs und unsere Projektpublikationen werden auf internationalen Fachkongressen präsentiert. Wir haben namhafte Investoren und gehören in der Biotechnologie zu den Vorzeigeunternehmen.
Was sind die größten Herausforderungen für Firmen, die personalisierte Krebstherapien entwickeln? Llewellyn-Davies: Die Entwicklung
von personalisierten Krebstherapien ist teuer und zeitaufwendig. Die Sicherstellung von Geld ist eine der größten Herausforderungen. Gerade in Österreich fokussieren nur wenige Investoren auf Biotechnologie. Hinzu kommen hierzulande Marktbedingungen, die Verbesserungspotenzial haben. Aus dem Grund haben wir vor zwei Jahren Biotech Austria gegründet, um Biotechnologie in Österreich stärker darzustellen. Der Verband vernetzt Experten. Dadurch ist Österreich auf der globalen Biotech-Landkarte stärker zu sehen.
Was sind Ihre Pläne für die wichtigsten invIOs-Projekte 2023?
Romana Gugenberger: Schwerpunkt liegt auf unserem klinischen Programm. Bei der Zelltherapie konnten wir 2022 die Machbarkeitsstudie abschließen. Wir haben ein neues Therapiekonzept entwickelt, das den Zugang zu Tumorerkrankungen ermöglicht, die durch die bisherigen Zelltherapie-Ansätze nicht behandelt werden konnten. Heuer starten wir mit einer weiteren klinischen Studie, bei der die genaue Dosierung festgelegt werden soll und der Fokus auf der Patientensicherheit liegt, um 2024 mit einer klassischen Wirksamkeitsstudie zu starten. Zielgruppe sind Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen. Zudem soll mit Jahresende ein weiteres präklinisches Projekt den Sprung in die Klinik schaffen. Hier stehen Patienten mit Glioblastom (Hirntumor) im Fokus. Ein Bereich, in dem es derzeit wenig Therapieoptionen und hohen medizinischen Bedarf gibt. Zudem steht ein präklinisches Projekt auf dem Programm, bei dem ein oral verfügbares Medikament zur Immunaktivierung im Mittelpunkt steht.
Was macht den Ansatz von invIOs zur Entwicklung von individualisierten Krebstherapien aus wissenschaftlicher Sicht einzigartig?
Gugenberger: Es ist der Inbegriff der personalisierten Medizin. Wir arbeiten mit den körpereigenen Zellen des Patienten, modifizieren sie und geben sie dem Patienten rasch zurück. Wir interagieren sozusagen
mit dem Patienten und seinen eigenen Zellen und achten darauf, dass die Zellen aktiver werden, mit dem Ziel, dass sich Krebspatienten in Zukunft durch ein aktives Immunsystem selbst heilen können. Ein Vorteil ist, dass wir mit dem Patienten auf Tagesbasis arbeiten und auf jede Veränderung reagieren können. Die Plattform, die wir zur Modifikation der Zellen entwickelt haben, soll helfen, dass wir in Zukunft tagesaktuell auf den Zustand des Patienten eingehen können, um sein Immunsystem bestmöglich zu unterstützen und damit Krebszellen keine Chance geben.
Worauf freuen Sie sich in Bezug auf die Zukunft der personalisierten Krebstherapien am meisten?
Gugenberger: Die personalisierte Krebstherapie wird Patienten in noch nie dagewesener Form unterstützen, weil sie auf jeden Patienten einzeln fokussiert und gezielt auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingehen kann. Hinzu kommt der psychologische Effekt, dass die Patienten den Therapien mehr Vertrauen entgegenbringen, weil sie wissen, dass es ihre eigenen Zellen sind, die sie mobilisiert zurückbekommen.