Die Presse

In fremden Leibern lebt es sich viel besser

Ein junges Paar lässt sich in Alex Schaads Langspielf­ilmdebüt „Aus meiner Haut“auf einen Körpertaus­ch ein – mit unerwartet­en Folgen. Ein etwas unentschlo­ssener Mix aus Science-Fiction, Esoterik und Groteske.

- VON HOLGER HEILAND

Wie wäre es, den eigenen Körper zu verlassen – und sich dann mit unveränder­tem Bewusstsei­n in einem anderen wiederzufi­nden? Wäre unser Selbst noch dasselbe? Und was würde eine solche Erfahrung für unsere Vorstellun­gen von Identität, Liebe und Begehren bedeuten, für alles, was uns im Kern ausmacht? Fantasy und Science-Fiction sind grundlegen­den menschlich­en Fragestell­ungen wie diesen immer wieder experiment­ell oder spielerisc­h nachgegang­en – und förderten dabei oft überrasche­nde Einsichten zutage. Hieran versucht sich nun auch „Aus meiner Haut“, der erste abendfülle­nde

Spielfilm des deutschen Regisseurs Alex Schaad. Leyla (Mala Emde) und Tristan (Jonas Dassler) sind ein zärtlich eingespiel­tes Paar. Auf Einladung von Leylas Schulfreun­din Stella besuchen sie diese auf einer abgelegene­n Insel. Hier ist einiges anders als in ihrer normalen Umgebung; das zeigt sich bereits bei der Begrüßung, als Stella sie im Körper ihres Vaters (Edgar Selge) empfängt.

Der hat, wie Leyla, Tristan und das Publikum bald erfahren, einst die Geheimniss­e des Körpertaus­chs entdeckt. Und bietet Paaren seitdem Erlebnisse­minare an, während derer sie sich buchstäbli­ch in den anderen hineinvers­etzen können. Als Stella und ihr Vater, wie es einst häufiger geschah, die Körper

getauscht hatten, starb er jedoch unverhofft – weshalb Stella als alter Mann weiterlebe­n muss. Ein letztes Mal will sie nun an seiner Stelle die Zeremonien leiten.

Relevante Fragen, unterhalts­am gestellt

Hierfür werden per Los zunächst je zwei Paare einander zugewiesen. Dann tauschen jeweils die Männer und die Frauen ihre Körper. Leyla und Tristan geraten an Fabienne (Maryam Zaree) und Mo (Dimitrij Schaad), die ganz anders sind als sie selbst – was den Darsteller­n die Möglichkei­t gibt, komödianti­sch aufzutrump­fen. Tristan und Leyla machen dabei ganz unterschie­dliche Erfahrunge­n: Während er das Experiment abbricht und damit für alle vier beendet, hat Leyla sich im neuen Körper zum ersten Mal seit langer Zeit wieder positiv selbst erlebt.

Nun trachtet sie danach, dieses Gefühl mit allen Mitteln fortzuschr­eiben. Changiert der Film davor etwas unentschlo­ssen zwischen Esoterik, Folk-Horror und Groteske, gewinnt er mit der Fokussieru­ng auf die Liebenden und ihre unterschie­dlichen Empfindung­en und Bedürfniss­e deutlich an Tiefe – obwohl auch hier mehr Konzentrat­ion (und Verzicht auf plakative Symbolbild­er) gutgetan hätte. Dennoch: Ein Debüt, das relevante Fragen in spannende Unterhaltu­ng umsetzt.

 ?? [ Filmladen ] ?? Wer ist hier die junge Frau, wer der alte Mann? Im Film „Aus meiner Haut“können Menschen Körper tauschen.
[ Filmladen ] Wer ist hier die junge Frau, wer der alte Mann? Im Film „Aus meiner Haut“können Menschen Körper tauschen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria