Als die Finanzen bei Signa immer mehr unter Druck gerieten, nahmen die Geldabflüsse zu. Die Investoren wurden über diese Vorgänge jedoch im Dunkeln gehalten.
Er ist abgetaucht. Bisher hat sich SignaGründer René Benko nicht zur größten Pleite, die die Republik je gesehen hat, geäußert. Seit 2013 hat er zwar keine formale Rolle mehr beim einst größten Immobilienentwickler Europas. Aber es türmen sich Fragen zu seinem spezifischen Wirken in dem Strudel, der nicht nur Milliardäre und Baufirmen mit sich zieht, sondern einer ganzen Branche das Vertrauen entreißt.
Hat Benko kurz vor dem Kollaps seine Schäfchen ins Trockene gebracht? Finanzunterlagen könnten das nahelegen. So hat ein Unternehmen der Signa-Gruppe noch vor dem Zusammenbruch des Immobiliengiganten mehr als 300 Millionen Euro an zwei Unternehmen überwiesen, die von der Familie des Tiroler Tycoons kontrolliert werden, wie die „Financial Times“berichtet.
Signa Development, eine der wichtigsten Gesellschaften, zu denen auch eine Beteiligung am New Yorker Chrysler-Gebäude gehört, hat 125 Millionen Euro an die Laura Finance Holding GmbH und weitere 190 Millionen Euro an die Laura Holding GmbH im Rahmen umfangreicher Geldabflüsse im vergangenen Jahr geliehen. Die Unternehmen sind nach Benkos Tochter benannt. Bei beiden Empfängern handelt es sich um Tochtergesellschaften der in Innsbruck ansässigen Laura Privatstiftung. Deren Begünstigte sind nicht offengelegt, doch wird die Stiftung laut Firmenbuch von Benkos Mutter, Ingeborg, kontrolliert. Neben den Zahlungen an die
Laura-Gesellschaften überwies Signa Development Hunderte von Millionen an andere Unternehmen der Signa-Gruppe. Es wurden häufig große Geldsummen zwischen den Unternehmen innerhalb der Gruppe verliehen, ohne dass die Investoren darüber informiert worden seien. Diese Praxis nahm im vergangenen Jahr zu, als die Finanzen zunehmend unter Druck gerieten.
Im ersten Quartal 2023 gab es noch einen Kapitalpolster von einer Milliarde Euro. Im November erklärte Signa Development Investoren gegenüber, dass dieses Geld an andere Signa-Gesellschaften verliehen sei. Nur vier Wochen später meldete die Holding Insolvenz an – drei Wochen darauf dann Signa Development ebenfalls.
Damit wird auch die Frage nach möglichen rechtlichen Konsequenzen immer lauter. „Für die Beantwortungen dieser sind noch viele Aspekte offen“, sagt Georg Schima, Rechtsanwalt und Honorarprofessor an der WU Wien. Abhängig davon, wer diese Verschiebungen gezeichnet hat, stehe unter Umständen Bestimmung (Anstiftung) zur Beteiligung an Untreue im Raum. Wären die Gelder direkt nach einem Investment getätigt worden, könnten sich Investoren hintergangen fühlen. War die Insolvenz schon absehbar, könnten unter Umständen auch die Gläubiger auf Schadenersatz klagen.
Der Signa-Eigentümer Hans Peter Haselsteiner jedenfalls sieht bei Benko eine „aktive Geschäftsrolle“, wie er in einem Interview mit „ZiB 2“darlegt. Er erwarte, dass der 46-Jährige Verantwortung übernimmt. „Seine Aussagen zur Rolle von René Benko sind bemerkenswert und werden sicher bei der Prüfung von Ansprüchen gegen diesen eine Rolle spielen“, sagt Gerhard Weinhofer von Creditreform. „Haselsteiner gesteht ein Scheitern ein und ist auch zur Schadensminimierung bei der Development bereit.“
So hat der Bauunternehmer versichert, 25 Mio. Euro der Signa-Tochter Signa Development, an der er mit neun Prozent beteiligt ist, als Massekredit zuzuschießen. Damit will er Zeit für bessere Verkaufsabschlüsse gewinnen und somit für eine bessere Rückzahlungsquote