René Benko sollte nicht sinnbildlich für das Unternehmertum stehen
Die Ungereimtheiten bei Signa nehmen zu. Das sollte aber weder zu übertriebener Regulierung noch zu Negativstimmung gegen Unternehmer führen.
Nun ist also geschehen, was viele Beobachter schon seit Längerem erwartet haben. Das Management der Signa Holding muss die Macht abgeben, das Sanierungsverfahren wird künftig vom Sanierungsverwalter geführt. Auslösender Grund war zwar, dass durch die Insolvenzen der wichtigsten Holding-Töchter der kurzfristige Zeitplan bei einer Sanierung in Eigenverwaltung nicht mehr einzuhalten war. Aber unter den Gläubigern gab es ohnehin Skepsis, der Führungsspitze des Unternehmens weiter zu vertrauen.
Seine Macht abgegeben hat auch René Benko, über dessen Verbleib es nur indirekte Informationen gibt. So ist Benko laut Aussagen von Signa-Investor Hans Peter Haselsteiner „desperat“und kämpfe um sein Lebenswerk. Zwar fordert der Investor, dass sich der Signa-Gründer seiner Verantwortung stellen müsse, und bestätigt de facto die rechtlich nicht unwesentliche Rolle des „faktischen Geschäftsführers“bei Benko. Gleichzeitig verliert der Bauunternehmer trotz seiner Verluste kein schlechtes Wort über ihn. Zumindest in der Öffentlichkeit.
An dieser Stelle sei nochmals ausdrücklich festgehalten, dass nicht jede Insolvenz die Folge eines schuldhaften Verhaltens sein muss. Bei Unternehmen können sich durchaus die Umstände ändern und kann das Geschäftsmodell nicht mehr funktionieren. Bei Immobilien ist dies aber eher selten der Fall. Der rasante Zinsanstieg hat die Branche zwar in Summe auf dem falschen Fuß erwischt, umgeworfen wurden aber jene, die zuvor bereits auf zu wackeligen Beinen gestanden sind – also zu viel Risiko auf sich genommen haben. Hinzu kommt bei Signa aber eine ganze Liste von Auffälligkeiten. Die jüngste sind jene 300 Millionen Euro, die laut Unterlagen, die der britischen „Financial Times“vorliegen, kurz vor der Insolvenzeröffnung von Signa abgeflossen sind. Und zwar in Richtung einer Privatstiftung im Umfeld Benkos. Bewahrheitet sich dies, wäre das nicht nur moralisch höchst problematisch, sondern könnte auch rechtliche Folgen nach sich ziehen. Das muss nun genau geprüft werden.
Aber auch abseits dieser Geldabflüsse zeigt sich ein immer eindeutigeres Bild. Bei Signa wurden jegliche Grenzen bis zum Äußersten ausgereizt. Zur Erinnerung: Die Aufwertungen der Immobilien dürften sehr „optimistisch“erfolgt sein. Die Gesellschaften wurden so stark horizontal und vertikal ineinander verschachtelt, dass der Überblick kaum zu behalten war. Zudem wurde die Holding genau so klein belassen, dass für sie geringere Bilanzierungsregeln gelten, während die Bilanzen von Tochtergesellschaften anscheinend mit System zu spät veröffentlicht und dabei Strafen von über 100.000 Euro in Kauf genommen wurden.
Groß ist daher nun der Ruf nach gesetzlichen Verschärfungen. Und zum Teil werden diese auch berechtigt sein. In Summe darf die Causa Benko aber nicht zu überschießender Anlassgesetzgebung führen, die bei allen Unternehmen die Daumenschrauben stärker anziehen. Denn schon heute ist ein Übermaß an Bürokratie eines der Probleme in Österreich.
Zudem kann zu hohes Risiko oder nicht gesetzeskonformes Verhalten auch nicht mit noch strengeren Regeln komplett verhindert werden. Dieses Problem gibt es auch in anderen Lebensbereichen. Wichtig wäre daher, dass in der Wirtschaft die Frage nach der Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen stärker gestellt wird. Das klingt leichter als getan. Schließlich ließen sich ja nicht nur gestandene Unternehmer wie Hans Peter Haselsteiner von Benko blenden, sondern auch die Staatsfonds von Saudiarabien und Singapur.
Manche werden nun einwenden: Ich habe es immer schon gewusst, dass der Benko scheitern wird. Doch vielfach entsprang diese Ex-ante-Kritik an Benko auch der in Österreich gängigen „Schuster, wärst du doch bei deinen Leisten geblieben“-Mentalität. Und diese bringt deutlich weniger wirtschaftliche Dynamik im Land, als möglich wäre.
Denn grundsätzlich gehört Scheitern zum Unternehmertum einfach dazu. Und gerade internationale Erfolgsbeispiele wie Elon Musk standen oft knapp am wirtschaftlichen Abgrund. Es wäre daher falsch, würde die eher unternehmertumfeindliche Stimmung in Österreich durch den Fall Signa verschärft.