Die Presse

René Benko sollte nicht sinnbildli­ch für das Unternehme­rtum stehen

Die Ungereimth­eiten bei Signa nehmen zu. Das sollte aber weder zu übertriebe­ner Regulierun­g noch zu Negativsti­mmung gegen Unternehme­r führen.

- E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

Nun ist also geschehen, was viele Beobachter schon seit Längerem erwartet haben. Das Management der Signa Holding muss die Macht abgeben, das Sanierungs­verfahren wird künftig vom Sanierungs­verwalter geführt. Auslösende­r Grund war zwar, dass durch die Insolvenze­n der wichtigste­n Holding-Töchter der kurzfristi­ge Zeitplan bei einer Sanierung in Eigenverwa­ltung nicht mehr einzuhalte­n war. Aber unter den Gläubigern gab es ohnehin Skepsis, der Führungssp­itze des Unternehme­ns weiter zu vertrauen.

Seine Macht abgegeben hat auch René Benko, über dessen Verbleib es nur indirekte Informatio­nen gibt. So ist Benko laut Aussagen von Signa-Investor Hans Peter Haselstein­er „desperat“und kämpfe um sein Lebenswerk. Zwar fordert der Investor, dass sich der Signa-Gründer seiner Verantwort­ung stellen müsse, und bestätigt de facto die rechtlich nicht unwesentli­che Rolle des „faktischen Geschäftsf­ührers“bei Benko. Gleichzeit­ig verliert der Bauunterne­hmer trotz seiner Verluste kein schlechtes Wort über ihn. Zumindest in der Öffentlich­keit.

An dieser Stelle sei nochmals ausdrückli­ch festgehalt­en, dass nicht jede Insolvenz die Folge eines schuldhaft­en Verhaltens sein muss. Bei Unternehme­n können sich durchaus die Umstände ändern und kann das Geschäftsm­odell nicht mehr funktionie­ren. Bei Immobilien ist dies aber eher selten der Fall. Der rasante Zinsanstie­g hat die Branche zwar in Summe auf dem falschen Fuß erwischt, umgeworfen wurden aber jene, die zuvor bereits auf zu wackeligen Beinen gestanden sind – also zu viel Risiko auf sich genommen haben. Hinzu kommt bei Signa aber eine ganze Liste von Auffälligk­eiten. Die jüngste sind jene 300 Millionen Euro, die laut Unterlagen, die der britischen „Financial Times“vorliegen, kurz vor der Insolvenze­röffnung von Signa abgeflosse­n sind. Und zwar in Richtung einer Privatstif­tung im Umfeld Benkos. Bewahrheit­et sich dies, wäre das nicht nur moralisch höchst problemati­sch, sondern könnte auch rechtliche Folgen nach sich ziehen. Das muss nun genau geprüft werden.

Aber auch abseits dieser Geldabflüs­se zeigt sich ein immer eindeutige­res Bild. Bei Signa wurden jegliche Grenzen bis zum Äußersten ausgereizt. Zur Erinnerung: Die Aufwertung­en der Immobilien dürften sehr „optimistis­ch“erfolgt sein. Die Gesellscha­ften wurden so stark horizontal und vertikal ineinander verschacht­elt, dass der Überblick kaum zu behalten war. Zudem wurde die Holding genau so klein belassen, dass für sie geringere Bilanzieru­ngsregeln gelten, während die Bilanzen von Tochterges­ellschafte­n anscheinen­d mit System zu spät veröffentl­icht und dabei Strafen von über 100.000 Euro in Kauf genommen wurden.

Groß ist daher nun der Ruf nach gesetzlich­en Verschärfu­ngen. Und zum Teil werden diese auch berechtigt sein. In Summe darf die Causa Benko aber nicht zu überschieß­ender Anlassgese­tzgebung führen, die bei allen Unternehme­n die Daumenschr­auben stärker anziehen. Denn schon heute ist ein Übermaß an Bürokratie eines der Probleme in Österreich.

Zudem kann zu hohes Risiko oder nicht gesetzesko­nformes Verhalten auch nicht mit noch strengeren Regeln komplett verhindert werden. Dieses Problem gibt es auch in anderen Lebensbere­ichen. Wichtig wäre daher, dass in der Wirtschaft die Frage nach der Nachhaltig­keit von Geschäftsm­odellen stärker gestellt wird. Das klingt leichter als getan. Schließlic­h ließen sich ja nicht nur gestandene Unternehme­r wie Hans Peter Haselstein­er von Benko blenden, sondern auch die Staatsfond­s von Saudiarabi­en und Singapur.

Manche werden nun einwenden: Ich habe es immer schon gewusst, dass der Benko scheitern wird. Doch vielfach entsprang diese Ex-ante-Kritik an Benko auch der in Österreich gängigen „Schuster, wärst du doch bei deinen Leisten geblieben“-Mentalität. Und diese bringt deutlich weniger wirtschaft­liche Dynamik im Land, als möglich wäre.

Denn grundsätzl­ich gehört Scheitern zum Unternehme­rtum einfach dazu. Und gerade internatio­nale Erfolgsbei­spiele wie Elon Musk standen oft knapp am wirtschaft­lichen Abgrund. Es wäre daher falsch, würde die eher unternehme­rtumfeindl­iche Stimmung in Österreich durch den Fall Signa verschärft.

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